Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/42

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kühnlich glauben, daß die Gebete, welche in der Reformation um die Erhaltung der reinen Lehre so brünstig zu Gott aufgestiegen, welche der große Gottesmann noch auf seinem letzten Wege entsandte, sind von Ihm erhört worden; denn Er erhört jetzt noch nach Jahrhunderten um Seines Namens willen (Amen – der Wahrhaftige!). Es blieben in manchen Gemeinden einsame, aber glaubensstarke Zeugen zurück: die alten Agenden, Lieder, Predigten und Katechismen, zwar vom amtlichen Gebrauche ausgeschlossen, konnten nicht vernichtet werden und retteten die einsamen, um so enger an und aufeinander angewiesenen Kreise zur Freiheit hindurch. Gottes Wort ist eben nie gebunden! – Er schenkte unserer Kirche zunächst wieder die Bewegung des sogenannten Supranaturalismus, welcher sich über die Schranken der sogenannten Natürlichkeit hinauf zu dem Uebernatürlichen hob, und hat ihr dann in allen ihren Gebieten in Deutschland, Dänemark und Schweden Wiederbelebung gegeben. – Als Klaus Harms (in Kiel) bei dem dritten Jubelfest der Reformation 1817 seine Thesen ausgehen ließ gegen viele Irrnisse und Wirrnisse der Kirche, da war die Befreiung unserer Kirche gekommen. These eins: „Wenn unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: „„Tut Buße!““ so will Er, daß die Menschen sich nach Seiner Lehre formen sollen; Er formt aber die Lehre nicht nach den Menschen, wie man jetzt tut, dem veränderten Zeitgeist gemäß (2. Tim. 4, 3, vgl. Thes. 4.)“, traf recht ins Herz des so allgemein verbreiteten Pelagianismus. Die Menschen paßten im ganzen schon in den Lehrbegriff des Glaubens, wie des Handelns (Th. 2.); so reformiere man das Luthertum ins Heidentum hinein und das Christentum aus der Welt heraus (Th. 3). „Den Papst unserer Zeit nennen wir in Hinsicht des Glaubens die Vernunft, in Hinsicht des Handelns das Gewissen, welchem letzten man die dreifache Krone aufgesetzt hat, die Gesetzgebung, die Belobung und die Bestrafung (Th. 6).“ Gegen Gottes Wort: das Gewissen kann nicht, d. h. niemand kann sich selbst Sünden vergeben.