Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/66

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gegenüber stand, kann man bereitwillig zugestehen, daß er katholiche Formen annahm weil es ja keine geistlose, unevangelische und sklavische Nachahmung ist, sondern Ablauschung des Großen, was dort in der Form gewahrt und bewahrt wird, während die Kirche der Lourdesgrotten, Herz Jesu- und Herz Maria-Andachten kein Gefallen bei ihm gefunden hätte.

 An Löhe’s Diakonissenhaus, das nicht umsonst am Tage Hiob (9. Mai 1854), des Helden in der Geduld und gekrönten Glaubensmannes, gegründet ward, kann man lernen, wie unsere Kirche ausreifen mußte. Zuerst Festigung der Lehre, um zu wissen, Klarstellung des Begriffes von der Kirche (in den drei Büchern von der Kirche 1845, jenem „wahren Hochgesange auf die Kirche des reinen Wortes und Sakraments“), dann Taten der äußeren Mission (Aussendung nach Nordamerika) und der innern.

 (Vergessen sollte doch nie werden, daß nicht ohne Gottes Fügung am hiesigen Orte der Katholizismus nur in seiner idealen Gestalt je und je bekannt war, in einer hoffnungsvollen, zur Nennung der Schwesterkirche einigermaßen berechtigenden: daß auch andere Auffassung am Platze und im Rechte ist, soll aber auch betont und nicht vergessen werden.)

 Kann man nun nach alle dem von einem speziellen Charisma unserer Kirche in bezug auf die Diakonie sprechen? Ja und nein. Von einem Charisma in dem Sinn, wie es anfangs dieser Stunden vorgeführt worden, kann nicht wohl die Rede sein; denn das einzig bleibende mütterliche Charisma unserer Kirche ist die Lehre, alle anderen Charismen, die unsere Kirche wohl besitzen mag, ordnen sich diesem Charisma ein. In abgeleiteter Bedeutung, in sekundärer Weise hat unsere Kirche um deswillen das Charisma zur Diakonie, weil sich die Barmherzigkeitserweisung gründet auf die Lehre von dem barmherzigen Herrn, und das Charisma unserer Kirche zur Barmherzigkeitsübung ruht auf dem bleibenden Dank für Seine Barmherzigkeit. Indem dogmatisch festgestellt