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dem Gottverlassenen in der Opferstunde des Kreuzes verschloß, und inne werden, wie zu dem geringen Menschensohn, dem zweiten Adam, die Engel, die Zeugen des Menschenfalls im Paradiese, sich niedergeben, um seine Bitten aufzunehmen und ihre Erhörung herabzubringen. So ist dem Herrn das Gebet eine über alle seine Anliegen als über göttliche Sorgen und Fragen sich erstreckende Frage an den Vater, die in Entscheidungsstunden ἐκτενέστερον (Luk. 22, 44) andringender erhoben wird, zugleich aber die nötige und selige Selbstvergewisserung, daß der Vater ihn in dem Werke, das er ihm aufgetragen, und das Jesus um seinetwillen unverdrossen auf sich genommen hat, nicht lassen werde. Sohin ist der Inhalt dieser Frage und Selbstzusprache, alles Verkehrs mit seinem himmlischen Vater lediglich das Los und Leiden der Menschenseele, um die er wohl kraft seiner allergründenden Weisheit vor seinem Menschendasein gewußt hatte, die er aber jetzt, in jedem Betracht der Menschheit angeglichen (Hebr. 2, 17), damit er barmherzig, praktisch und tatsächlich mit dem Herzen bei durchlittner und durchlebter Armut der Versuchlichkeit und der Hinfälligkeit verweilen würde, erlebt hat. Das Hegelsche Wort von „Gott und der Seele“ gewinnt in diesem Zusammenhang Bedeutung: zwischen diesen beiden Größen, der alles kausierenden schöpferischen Gottesgröße und der sie negierenden und doch von ihr abhängigen und ferne von ihr unglücklichen Menschenseele steht Jesus, im Leiden lernend, im Lernen leidend, und betet. Quomodo non dabit bona sua, qui passus est mala nostra! Diese heilige Liturgie, die auf Erden ihn leiden und scheiden und für