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die Tiefen Gottes“, ja, sagt Gott, die Tiefen des Teufels! Man darf es vielmehr ganz wörtlich nehmen. Jene hochmütigen Leute meinten: Wer in die Geheimnisse des Bösen Einblick getan habe, der könnte ruhig das Böse tun. Es sind eben auch wieder Anspielungen auf jene unheimlichen, jedes Jahrhundert wiederkehrenden Sekten, die, indem sie tiefe Erleuchtung des Bösen zu haben vorgaben, dem Wesen des Bösen nachfolgten. Es wird für diese Wenigen zu Thyatira kein leichter Stand gewesen sein, als ungebildet und gering nebenan zu stehen und erfahren zu müssen, wie wenig sie eigentlich Kenntnis hätten und diesen Hohn ertragen zu sollen. Aber der Herr tröstet sie: „Wenn ihr diese Last zu Ende getragen haben werdet, will ich eine andere nimmer auf euch legen.“ Ihr habt die Last mit den gemeinen Elementen treulich genug getragen, nun sollt ihr die Gewißheit haben, daß ich keine andere Last auf euch legen will. Es hat eben jeder Christ auf Erden seine Last zu tragen, und die Lasten sind die schwersten, bei denen man allmählich fremder wird auf Erden, nicht mehr mitkommt, immer weniger verstanden wird, nicht in seiner Sünde, sondern wegen des Ernstes, mit dem man die Sünde bekämpft, nicht in seiner hochmütigen Eigenart, sondern weil man die Eigenart brechen möchte. „Woll’n wir dir dienen in heiliger Stille, sagt man, es sei das nur eigener Wille.“[1] Wer dies trägt, daß die Last so sein muß und keine andere sein darf; – denn nicht Lasten tragen ist das Schwerste, sondern daß man die tragen muß, welche einem am wenigsten gut dünkt – hat die Verheißung: „Ich will auf euch nicht legen eine andere Last.“ Bedenklich ist es allerdings, daß der Bischof jetzt kaum mehr hervortritt, während er zuerst

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Andreas Christian Bernstein (1672–1699) im Lied Großer Immanuel, schaue von oben.