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was nicht ganz hart in der Linie des Berufes liegt, das ist Gefahr. Weil mir der Weg zu schlecht und die Straße zu einsam war, darum habe ich bald da, bald dort einen Seitenweg eingeschlagen und das ist nicht richtig. Unsere Heiligung liegt auf der Linie des Berufs; wer von dieser Linie abweicht, hat bereits den Heiligungsberuf verlassen und wie könnte er auf Seitenlinien diesen Beruf üben. Lieber in der Enge, lieber in der Verborgenheit, als daß man um alles sich kümmert und dabei seine Seele ärgert und betrübt. Wäre diese Auffassung eine allgemeine unter uns, wieviel Schweres bliebe erspart! Nicht die Pflicht der Regierung ist das Schwere, sondern die Sorge, wie man Nebenregierungen begegnet. Nicht die Schwere der Verantwortung drückt, sondern, wenn man einstehen soll und weiß nicht wofür.

 Wer aber bei seinem Werke und dem gottgewiesenen Berufe verharrt, dem zeigt der Herr seine Gnade auf diesem Wege, daß er stille werde, seine Seele in Jesu Hand berge, den Gehorsam bewahre, ein unverletztes Gewissen behalte und endlich alles wohl ausrichten möge. Es kommt ja nicht darauf an, daß du vielerlei erreichst. Wenn der Geist sich müde gearbeitet hat, kehrt er zurück zu dem Allereinfachsten, und wenn das Leben zu Ende geht, verlangt es nach einer Einheitlichkeit und will nicht mehr anderes und Größeres, denn daß es Gottes Antwort sei und Gottes Antwort höre. Es kommt nicht darauf an, daß man viele Dinge anfängt und in das Leben stellt, sondern darauf, das Viele unter einen Gesichtspunkt zu ordnen und Eines über alles zu stellen.

 Wer seinen Erdenberuf recht liebt, darf es gewiß wissen und glauben, daß ihn Gott vor aller Selbstirrung bewahrt. Das, so glaube ich, wird ganz bestimmten Erscheinungen ein gar kurzes Leben bereiten; sie tun nicht das, was sie die Enge tun heißt, sie erwählen eine Weite und darum fallen sie ab. Zum dritten: Der von Gott gegebene Erdenberuf hat etwas Schützendes. Wie oft haben Sie es sich gesagt: Komme ich um, so komme ich um. Dieser Erdenberuf wird einfach aufgenommen und geübt, dann wird er fortgeführt mit der Kraft, die Gott darreicht, und der Herr zeigt, wenn es genug ist. Und je mehr Kraft man für diesen Beruf aufwendet, desto mehr Kraft strömt zurück, damit jedermann erfahre, daß nicht er die Last, sondern die Last ihn trage. Es ist eine wunderbare Gabe Gottes, daß, je mehr ein Mensch mit allem, was er ist und was er weiß, seinem Erdenberufe sich zuwendet, dieser ihn schützend umgibt, stärkend erhebt, tröstend erquickt. Ich meine, von diesen Gesichtspunkten aus angesehen, wird der Erdenberuf eine liebe Pflicht und eine leichte Arbeit und ein seliges Recht,