Seite:Hermann von Bezzel - Einsegnungsunterricht 1892.pdf/3

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Diakonie begonnen haben, da war die Stimmung der Welt, wenns hoch kam, eine zuwartende, keineswegs eine günstige, fördernde, von warmen Wünschen begleitete. Die warmen Wünsche und ernsten Gebete wagten sich nicht aus dem engsten Kreise heraus. Die Kirche im allgemeinen und die Welt im ganzen und großen hatten für die Sache keine Wünsche, Mißtrauen um so mehr. Es ist anders geworden. Sie und ich leben in einer Zeit, in der ein mächtiger Umschwung zu Gunsten dieser Sache vor sich gegangen ist. Die Diakonie ist in der Kirche kein landfremdes, unbekanntes Kind mehr; sie hat Bürgerrecht [un]d Heimatschein in derselben bekommen. Sie ist auch nicht mehr fremd in der Welt und unbekannt, sie hat sich heimisch gemacht in der Welt, sie wird von ihr anerkannt. Da mag es für den ersten Augenblick scheinen, als ob jenes Wort der Schrift sich erfüllt hätte: „Wenn jemandes Wege dem HErrn wohlgefallen, so macht Er auch seine Feinde mit ihm zufrieden!“ Es mag ein erhebender Gedanke sein, daß die Welt sich für uns erwärmt und uns mit ihrem Interesse begleitet, aber es muß wohl dabei bedacht werden, daß die Welt nur aus selbstsüchtigen Interessen die Diakonissensache fördert; in demselben Augenblick, da wir nicht bloß dienend, sondern bekennend vor die Welt hintreten, wird man um dieses Bekenntnisses willen den Dienst zurücktreten lassen – und um der Entschiedenheit des Bekenntnisses willen den Dienst nicht mehr so würdigen. Die Mißgunst der Welt, unter welcher die Diakonie lange gelitten, war eine weit geringere Gefahr, als die Sympathie, welche diese jetzt der Sache entgegenbringt. Das mangelnde Verständnis von Seiten der Welt könnte die Schwestern dahin fördern, daß sie sprechen lernen: Wir gehen dem HErrn und Seinem Kreuze nach, wir sind Dienerinnen Dessen, Der auch auf Erden nicht wußte, wo Er Sein Haupt hinlegen sollte – Er hatte keine bleibende Stätte, darum soll auch der Ihm erwiesene Dienst die Sympathien der Welt nicht haben. Die Mißgunst der früheren Jahre war eine weit geringere Last, als die Gunst unserer Zeit. Diese hat eine große Gefahr. Die Sache der Diakonie macht, ohne es zu wollen und zu wissen, der Welt Zugeständnisse;