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Kohle, ein anderes Leben, daß es sich entflamme zum Preise deiner Gnade. Brauche mich auf, daß durch mich dein Name geheiligt werde, durch mein Leben, Leiden und durch meinen Abschied. –

 So betet der arme Mensch, so ordnet er all die Kleinlichkeiten des Lebens in die große Gottesaufgabe und all die Wechselfälle des Tages in die große bleibende Gnade ein. So bittet er, daß er nicht unnütz über die Welt gehen möge, sondern sein ganzes Leben, wie von Gott ausgeht, zu Gott zurückführe.

 Meinst du, lieber Christ, daß ein Leben einmal vor Gott etwas gelte, das nicht auf ein anderes Einfluß genommen hat? – Glaubst du, daß eine Seele, die bei aller Andächtigkeit erträgnislos war, vor ihm wirklich bleibe? Wenn das Korn nicht erstirbt, so bleibt es allein; wenn es erstirbt, so bringt es viele Frucht – aber ohne Ihn können wir das nicht tun.

 Geliebte Christen, mit zwei kurzen Bitten laßt mich schließen. Diese Kanzel ist eine Predigtstätte und hat insoweit und insoferne amtliches Gepräge, unsere Zeit ist allem Amtlichen nicht hold. Sieh aber hinter dich, daß du in deinem Hause, in deiner Familie, in deinem Beruf und Handwerk eine Lehrkanzel aufrichtest, daß du ein Säemann wirst in Jesu Kraft und nach seiner Art.

 So viele Pflichten weisen die Eltern an die Kinder. Streut in die Herzen der Euren den guten Samen – das alte Wort, wie wirs erfahren, erlebt und erlitten haben. So große Aufgaben hat die Schule an der Jugend. Ach, daß alle unsere Lehrer mit der teuren Aufgabe der Erziehung betraut, ihre gottgeheiligte Persönlichkeit daran setzen, guten Samen ausstreuen möchten. Jede Ehrfurcht vor Gotteswort trägt Frucht, schweigende Geduld, – er will überall bekannt, aber nicht überall genannt sein – bringt herrlichen Lohn. Wenn die Lernenden in dem Lehrenden die christliche Persönlichkeit sehen, ist auch das Schweigen frommer Heiligen ein Gottesdienst, auch die Stille des Verzichts eine laute Predigt des Besitzes.

 Ihr alle, die ihr auf dem Markt des Lebens arbeitend, feilschend, redend steht – ihr insonderheit, die ihr vielleicht keine Arbeit mehr zu haben wähnt, – Säeleute seid ihr alle! Was kann ein Mensch nützen, wenn er ganz Mensch Gottes ist. Wie kann auch das gebrechlichste Gefäß Gaben vermitteln und die welke Hand Samen ausstreuen! Möge diese Kanzel nicht einsam stehen und die Säeleute auf ihr nicht als Beamtete, – sondern ringsum der frohe Saatwurf erfolgen zur Ehre Gottes, in der Kraft des Herrn.

 Der Altar, in der Kirche errichtet, umhegt und fernend, hindere euch nicht, daß ihr in euren Häusern, in euren Herzen den Altar aufrichtet. Morgen- und Abendgebet sind keine lästigen

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Predigt am Sonntag Exaudi 1912. Verlag der Buchhandlung des Vereins für innere Mission, Nürnberg 1912, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Predigt_am_Sonntag_Exaudi_1912.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)