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laut werden ließ, die bei mir, wie bei so vielen Studiengenossen vor der Romfahrt, Jacob Burckhardts Notiz über einen urbinatischen Menander wach gerufen hatte; auch sie hat mittlerweile ihre endgiltige Erledigung gefunden, und gewiss hatte Haupt recht, wenn er mir meine Träume störte: dennoch war damals schon dreißig Jahre ein Blatt Menander entdeckt, aber freilich in den Händen seines für heidnische Verse unempfänglichen Finders grade so verborgen, wie die Blätter des Hersfelder Ammian, die uns eben ein günstiges Geschick auch wider jedes besonnene Erwarten beschert, in ihren Actenbündeln. Vielleicht findet sich in Tischendorfs Nachlass noch die Originalcopie, vielleicht selbst das Original. Jedenfalls wollen wir glücklich sein, dass wenigstens eine Abschrift in sachverständige Hände gerathen ist, und in die Hände dessen, der dieses Schatzes vor allen Lebenden am meisten würdig war. Cobet hat sein unvergleichlicher Trefferblick auch hier nicht verlassen, er hat gefunden, was nur er finden konnte; aber die eigentliche Aufgabe, ein zusammenhängendes Verständniss der einzigen Scene eines neuattischen Lustspieles, die wir besitzen, hat er ungelöst gelassen. Trotzdem halte ich sie für lösbar; möge er selbst sehen, ob ich von ihm zu lernen verstanden habe.

Es wäre ein wunderlicher Zufall, wenn die beiden im letzten Hefte der Mnemosyne S. 285 abgedruckten menandrischen Versreihen zwei zusammenhangslose Bruchstücke, gar aus verschiedenen Komödien, wären. In Wahrheit schließen sie inhaltlich so nahe zusammen, dass die einfachste Annahme auch die wahrscheinlichste ist. Tischendorf hat ein Blatt gefunden, 24 Zeilen auf der Seite, aber die Vorderseite sehr unleserlich und so verrieben, dass die letzten fünf Zeilen völlig unkenntlich waren. Verblasst werden auch an den Stellen des Personenwechsels rothe Striche sein: denn dass dieser ganz unbezeichnet gewesen sei ist kaum glaublich; nur müssen die Striche innerhalb der Verse senkrecht gewesen sein, da kein Raum für wagerechte frei gelassen ist. Uebrigens hat Tischendorf in der Abschrift zum Theil unmögliche Buchstabenformen, wie das Ω statt ω gegeben, und auf seine Altersbestimmung ist natürlich geringer Verlass; schwerlich war die Handschrift älter als der euripideische Phaethon: sie ist zu fehlerhaft geschrieben.

Dass wir Menander vor uns haben hat Cobet glänzend erwiesen, indem er die beiden Schlussverse in dem Eingang eines

Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Der Pessimist des Menandros aus Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 11. Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1877, Seite 499. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_11_499.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)