Seite:Heyd RV 44.jpg

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nicht schreiben, vielleicht überhaupt niemals. Um die ungewöhnliche Bedeutung zu erklären, welche sie erreichte, müsste man mehr von ihrer inneren Organisation wissen. Jedenfalls scheint die Thatkraft ihrer Vorstände, die Rührigkeit ihrer Faktoren und Agenten eine ganz ausserordentliche gewesen zu sein; die Geldmittel, schon vermöge des Reichtums der Hauptbeteiligten sehr bedeutend, schwollen durch die Einlagen zahlreicher stiller Teilhaber immer mehr an[1]. An Freunden und Gönnern fehlte es nicht. Die Stadt Ravensburg selbst hatte zwar nicht so viel Macht und Autorität, um zu Gunsten der Gesellschaft fernhin wirken zu können, aber sie leistete ihr doch im engeren Kreise Vorschub und führte, um ihren Warenzügen die Wege zu ebnen, Fehden mit Raubrittern. Wirksamere Hilfe wurde der Gesellschaft zu wiederholten Malen durch die Städte Konstanz, Luzern, Bern und durch die schweizerische Tagsatzung zu teil. Konstanz wahrte das Interesse des Kerns seiner Bürgerschaft, indem es die Gesellschaft nach aussen kräftig vertrat; überdies sahen sich die Konstanzer und die Ravensburger als Bundesgenossen an, indem beide Gemeinwesen dem Bund der Bodenseestädte angehörten, und Konstanz führte lange Zeit die Vorortschaft in diesem Bunde. Was die Schweizer betrifft, so halfen sie ja ebenfalls den eigenen Landsleuten, wenn sie die Gesellschaft unterstützten, und sie zahlten damit ausserdem einen Tribut des Dankes ab; denn viele Ravensburger hatten als Freiwillige am Kampfe der Eidgenossen gegen Karl den Kühnen teilgenommen[2]. Aber so wirksam die Fürsprache


  1. Primbs in seinem Aufsatz: „Der Möttelihandel“ in den Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees H. 13 (1880) kommt auch auf die Huntpissgesellschaft zu sprechen und sagt, einer mir nicht zugänglichen Quelle folgend, S. 136, sie habe sich alljährlich in Ravensburg versammelt, und da habe sich im Jahr 1431 gefunden, dass ein Kapital von 300 000, ein Gewinn von 100 000 Gulden vorhanden war. Zu Ende des 15. Jahrhunderts sollen Jos, Frick, Kaspar und Onofrius Huntpiss 131 000 Gulden, der reiche Mattelin (Mötteli) mit Bruder und Schwester 150 000 Gulden versteuert haben (Gutermann im Serapeum Jahrg. 6, 1845, S. 263). Ich gebe diese beiden Nachrichten nur mit Vorbehalt.
  2. Berner Briefe im Anh. Nr. VII. VIII.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heyd: Die grosse Ravensburger Gesellschaft. J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1890, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heyd_RV_44.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)