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die Prophetenwürde war nicht an den Nil- oder Osirisdienst gebunden; es gab auch Propheten anderer Gottheiten, z. B. der Isis[1], des Apis[2] und selbst des Antinous[3]. Bis dahin läßt sich demnach aus den Worten des Kirchenvaters nur abnehmen, dass die Propheten einen hohen Rang, nicht aber, welchen Beruf sie gehabt haben.

     Die zehn hermetischen Bücher, mit deren Inhalte sie angeblich bekannt sein mussten, lassen wir als eine Erfindung späterer Zeiten auf sich beruhen.

     Es wird ihnen aber auch die Vertheilung oder Verwaltung der Tempeleinkünfte zugeschrieben[4], und dem gemäß war Calasiris, der Prophet der Isis zu Memphis, genau davon unterrichtet, daß Rhodopis, ein buhlerisches Weib aus Thracien, der Göttinn große Geschenke machte[5]. Wenn dieß ihnen oblag, so konnten sie bei keinem Tempel entbehrt werden, und auch Epiphanius[6] überweist sie, obwohl in anderer Beziehung, nicht bloß einem oder einigen.

     So weit nach Clemens Alex., welcher so wenig, als irgend ein anderer alter Schriftsteller Propheten und Orakel in eine nähere Beziehung zu einander setzt. Man scheint durch den griechischen Namen dieser Priester darauf geführt zu sein, das Orakelsprechen als ihre Hauptbestimmung zu betrachten. Sie waren aber von den griechischen Propheten, wie von den jüdischen sehr verschieden. Bei den Griechen waren die Orakelsprechenden nicht immer Priester, und anfangs gar nicht, während die Propheten der Aegyptier unverkennbar zu den Priestern gehörten,


  1. 14) Heliodor. Aeth. 3, 150. u. 2, 107.
  2. 15) Lucian. Deor. concil. T. II. p. 607. §. 10. ed. Schmied.
  3. 16) Euseb. H. Eccles. 4, 8.
  4. 17) Vgl. L. 14 ff.
  5. 18) Heliodor. Aeth. 2. p. 107.
  6. 19) S. oben not. 88. dies. A.
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Wilhelm Drumann: Historisch-antiquarische Untersuchungen über Aegypten. Universitätsbuchhandlung, Königsberg 1823, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Historisch-antiquarische_Untersuchungen_108.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)