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eben so unschuldiges Thier, als ein schöner grüner Frosch, oder irgend ein anderes Thier.




Der positive Theil der physischen Erziehung ist die Kultur. Der Mensch ist, in Beziehung auf dieselbe, von dem Thiere verschieden. Sie besteht vorzüglich in der Uebung seiner Gemüthskräfte. Deswegen müssen Eltern ihrem Kinde dazu Gelegenheit geben. Die erste und vornehmste Regel hiebei ist, daß man, so viel als möglich, aller Werkzeuge entbehre. So entbehrt man gleich anfänglich des Leitbandes und Gängelwagens, und läßt das Kind auf der Erde herumkriechen, bis es von selbst gehen lernet, und dann wird es desto sicherer gehen. Werkzeuge nämlich ruiniren nur die natürliche Fertigkeit. So braucht man eine Schnur, um eine Weite zu messen; man kann dies aber eben so gut durch das Augenmaß bewerkstelligen; eine Uhr, um die Zeit zu bestimmen, man kann es durch den Stand der Sonne; einen Kompaß, um im Walde die Gegend zu wissen, man kann es auch aus dem Stande der Sonne am Tage, und aus dem Stande der Sterne in der Nacht. Ja man kann sogar sagen, anstatt einen Kahn zu brauchen, um auf dem Wasser fortzukommen, kann man schwimmen. Der berühmte Franklin wundert sich, daß nicht Jedermann dieses lernt, da es doch so angenehm und nützlich ist. Er führt auch eine leichte Art an, wie man es von selbst lernen kann. Man lasse in einen Bach, wo, wenn man auf dem Grunde steht, der Kopf wenigstens

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Immanuel Kant: Über Pädagogik. D. Friedrich Theodor Rink, Königsberg 1803, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immanuel_Kant_%C3%9Cber_P%C3%A4dagogik_K%C3%B6nigsberg_1803.pdf/47&oldid=- (Version vom 1.8.2018)