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Grundlage frug man vor dem Kriege in erster Linie nach Geld und Gut, man suchte nicht die gute Ehe, sondern die gute Partie, und in der Ehe suchte man nicht den Himmel auf Erden, sondern ein bequemes, vergnügtes, beneidetes Leben. Wir wollen uns hier nicht mit einer längeren Kritik aufhalten, denn jeder weiß, wie viele faule Stellen die bezüglich der Ehe herrschende Gesellschaftsmoral hat. In den Schrecken des Krieges ist bei uns die Sittlichkeit neu erwacht, und es wäre eine herrliche Friedensaufgabe, dieser verächtlichen Gesellschaftsmoral in gleicher Weise zu Leibe zu rücken, wie es während des Krieges gegenüber dem Fremdwörterunfug und den herausfordernden Toiletten geschah, es wäre eine herrliche Friedensaufgabe, in Deutschland das sittliche Ideal der Ehe zu lebensvoller Gestaltung zu bringen. Damit wäre zugleich dem Vaterlande am besten gedient, denn die Gesundheit des Familienlebens sichert die Gesundheit des gesamten nationalen Lebens.




Der Mann hat zunächst die Pflicht, den Bestand und das Gedeihen seines eigenen Heims zu sichern, Aufgabe der Frau ist, dieses mit Ordnung, Behagen und Freundlichkeit zu durchdringen. Damit ist aber beider Pflicht nicht erschöpft. Der Mann muß, wenn es not tut, vor den Toren des Landes seine Brust den Feinden entgegenwerfen, ja sein eigenes Heim dem Verderben überlassen, um die höhere Pflicht der Landesverteidigung zu erfüllen. So ist auch die Pflicht der Frau nicht auf das Innere ihres Hauses beschränkt, vielmehr, wie sie hier der Balsam ist für alle Wunden, der Sonnenschein für alle Keime, der Wohlklang, in dem alle Mißtöne sich lösen, so soll sie alles dies erst recht außerhalb ihres Heims sein, wo die Not größer ist, die Mißtöne schreiender sind, wo viel mehr Keime nach Licht lechzen. Wenn die Frau von Natur ein starkes Gefühl für Bedürftigkeit jeder Art besitzt, so hat

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/138&oldid=- (Version vom 1.8.2018)