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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

im Stande der Gutsbesitzer auf dem jüngsten Landtage die Intelligenz nicht auf Seite der Deutschen war, haben Sie schmerzlich an den unbegreiflichen Ungeschicklichkeiten Ihrer Anhänger erfahren.“ — Und nun wolle der Herr Oberpräsident seinen Einfluss auch noch fortwirkend erhalten, indem er die ihm vorschwebende Idee seinem Nachfolger übermache. So nun schliesst das Antwortschreiben mit folgenden Worten: „Sie wollen, dass wir uns für das alles (die höchsten geistigen Güter) durch materielle Vortheile der alltäglichsten Art, durch gesteigerten Ertrag der Landgüter, durch Zucht- und Arbeitshäuser, durch Gewerbfreiheit, Kanäle und Chauseen und was dergleichen mehr ist, entschädigt finden, und sollen um diesen Preis uns selbst und unsere Volksthümlichkeit liefern? Wenn wir dieses gemeinen Eigennutzes fähig wären, würden Sie uns nicht in eben dem Grade verachten, in welchem Sie uns heute anfeinden? Handeln Sie also redlich, Gesinnungen, die Sie ehren müssen, unterdrücken, solche, die Sie verachten, hervorrufen zu wollen? Aber Sie thun das nicht als Mensch, sondern als Staatsmann. Dürfen Sie den Staatsmann vom Menschen trennen? Darf jener thun, was diesem schadet? So gewiss Sie das nicht behaupten werden, so gewiss wäre es Ihre höchste Pflicht gewesen, das Edlere an uns, was uns erhebt und Kraft zu allem Guten und Löblichen giebt, für Preussen zu gewinnen. Sie konnten das. Sie haben es verschmäht und vorgezogen, uns zu gemeiner Dienstbarkeit erniedrigen zu wollen. Das ist Ihnen nicht gelungen, und hat Ihnen nicht gelingen können. Sie haben in Ihrer Denkschrift das peinlichste Bekenntniss abgelegt, und keine andere Hoffnung, als ein erfolgloses Mühen andern Händen zu überlassen. Sie haben hier gearbeitet unter den Qualen ungestillten Verlangens; Sie sind von hier geschieden mit dem bitteren Bewusstsein, vergeblich gearbeitet zu haben, und von keiner Seite Dank zu erndten.“ — —

Bemerkung. Aus Gründen, die nicht in unserer Macht liegen, konnten wir die anderen, noch prägnanteren Stellen des Buches nicht aufnehmen.
Die Red.

 6. Reisebeschreibung über eine Reise nach Oberitalien und von da über Tyrol und Baiern, mit besonderer Berücksichtigung auf slawische Lebenselemente; beendet im Jahre 1841 und beschrieben von Jan Kollar. Mit Beilagen und Kupferstichen, so wie einem Lexikon slawischer Maler und Kupferstecher aller Stämme seit den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, mit kurzen Biographien und Angaben ihrer vorzüglichsten Kunstwerke. Pesth 1843.

 Eins von jenen Büchern, das in mannichfacher Hinsicht interessant und wichtig ist. Der bekannte Verfasser der berühmten „Slawy Dcera“, nebst Mickiewicz der grösste unter den lebenden slawischen Dichtern, unternahm die Reise theils aus dem innigen Triebe nach historischem Wissen, theils um durch neue erfreuliche Bilder slawischen Lebens und slawischer Geistesentwickelung seine Seele zu stärken, welche angeekelt durch die täglichen Kämpfe gegen den übermüthigen, nicht selten jedem edlen Gefühle hohnsprechenden Magyarismus, einer frischen Belebung, eines erquickenden Trostes bedurfte, um nicht an sich und an der Menschheit zu verzweifeln. Ueber seinen geistigen Zustand spricht sich am besten die Unterredung aus, welche er den Tag vor seiner Abreise mit dem Inspektor der evangelischen Schulen in Ungarn, dem bekannten Grafen Zay, hatte und die er in der Vorrede mittheilt. Der Graf bemerkte, er wünsche besonders jetzt unmittelbar vor dem Kirchenconvente, dass Kollar (der bekanntlich evangelisch-slowakischer Prediger in Pesth ist) nicht abreise, damit die Leute nicht sagten, er fürchte sich vor dem Convente, und weil er ihn überhaupt gern dabei zugegen sehe. Kollar erwiderte, ihm seien Convente in ihrer jetzigen wilden Verfassung aus ganzer Seele zuwider. „Es gab allerdings Zeiten, fährt er fort, wo ich denselben gern beiwohnte, nun aber habt ihr uns allen Einfluss abgeschnitten und alle wirksame Theilnahme an demselben genommen, dadurch dass ihr die magyarische Sprache in dieselben einführtet. Ich habe meine ganze Jugend, mein mühsam

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/225&oldid=- (Version vom 17.12.2019)