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pfohlen habe. 626 Und was sind denn dann die Frevel, die jene anderen Söhne begangen haben, im Vergleich mit denen des Antipater? Oder was ist das Beweismaterial, das man gegen sie vorgebracht hat, verglichen mit dem, das diesen da als Meuchler entlarvt hat? 627 Doch, es hat sich soeben der Vatermörder etwas zu krächzen unterstanden, und er macht sich Hoffnung, mit seinen Kniffen abermals die Wahrheit verschleiern zu können. Nimm dich in Acht, Varus! Ich kenne die Bestie und weiß schon zum Voraus, wie sie alles im schönsten Lichte darstellen und Krokodilszähren weinen wird. Das ist ja der nämliche Antipater, der mich einst, da Alexander noch lebte, so rührend gewarnt hat, mich vor ihm in Acht zu nehmen und Leib und Leben doch nicht allen zu vertrauen. Der ist es ja, welcher wie ein Kämmerer mich zu Bette geleitet und sorglich Umschau gehalten hat, ob kein Mörder sich irgendwo versteckt halte. Das ist derselbe, der mich in den Schlaf gelullt und sorgenfreie Stunden mir verschafft hat, der mir so schön zusprach in meiner Trauer um die Hingerichteten, wie er so trefflich auch die Wohlgesinnung der Brüder, da sie noch lebten, zu sondieren verstand, er, mein schützender Schild und mein Leibwächter! 628 So oft ich, Varus, an seine Schlauheit in allem und jedem und an seine Heuchelei denke, so greife ich mir an den Kopf, ob ich denn richtig noch lebe, und wundere mich, wie ich einer so unergründlichen Verrätherseele habe entgehen können. Aber da schon einmal ein böser Geist daran ist, mein Haus vollständig wüste zu machen, und gerade jene, die mir am theuersten sind, stets gegen mich aufreizt, so kann ich dagegen nichts anderes thun, als weinen über mein unverdientes Verhängnis und in der Stille meines Herzens seufzen über meine Vereinsamung. Nie werde ich indes zugeben, dass mir auch nur ein einziger entrinne, den es je nach meinem Blute gelüstet hat, und sollte ich selbst alle meine Kinder auf die Anklagebank bringen müssen.“

629 (3.) Bei diesen Worten versagte ihm vor innerer Bewegung die Sprache, und er wollte jetzt einen seiner Freunde, namens Nikolaus, die Beweise einzeln vornehmen lassen. Unterdessen aber erhob Antipater, der sich, wie gesagt, vor die Füße des Vaters hingeworfen hatte und in dieser Haltung verblieben war, wieder sein Haupt und rief: 630 „Du selbst, o Vater, hast jetzt an meiner statt meine Vertheidigungsrede gehalten. Denn wie sollte ich ein Vatermörder sein, da du mich nach deinem eigenen Geständnisse die ganze Zeit über als Wächter an deiner Seite gehabt hast? Bloße Gaukelei und Heuchelei nennst du ferner meine Liebe zum Vater. Wie also? sollte ich, der ich in allen anderen Stücken als ein so geriebener Kopf gelte, auf einmal so dumm geworden sein, um nicht zu merken, dass die Vorbereitung

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/130&oldid=- (Version vom 12.2.2020)