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des kaiserlichen Schatzes eingezogen. 112 Bevor aber Archelaus vom Kaiser vorgeladen wurde, soll er folgendes Traumgesicht geschaut haben: Es war ihm nämlich, als wenn er neun volle, große Aehren sähe, die von Ochsen gefressen wurden. Er schickte darauf um die Wahrsager, worunter auch einige Chaldäer waren, und fragte sie, was das wohl bedeuten möchte. 113 Während nun der eine darüber diese, der andere eine andere Auslegung gab, erklärte ein gewisser Simon von der Secte der Essäer, dass nach seiner Meinung die Aehren Jahre, die Ochsen aber Umwälzungen bedeuten, weil sie nämlich beim Pflügen die Erdschollen aufwerfen. Demgemäß würde seine Regierung ebensoviele Jahre zählen, als es Aehren gewesen seien, und sein Tod nach einem sehr bewegten Leben erfolgen. Fünf Tage nach dieser Auslegung erhielt er auch schon seine Abberufung vor das kaiserliche Gericht.

114 (4.) Ich halte auch das Traumgesicht, das seine Frau Glaphyra gehabt hat, für merkwürdig genug, um es hieher zu setzen. Glaphyra war bekanntlich eine Tochter des Königs Archelaus von Kappadocien und in erster Ehe mit Alexander, einem Bruder des soeben ausführlicher bedachten Archelaus, einem Sohne des Königs Herodes, verheiratet, dessen Ermordung durch den eigenen Vater wir im Vorausgehenden erzählt haben. 115 Nach seinem Tode wurde sie die Gattin des Königs Juba von Libyen, den sie ebenfalls überlebte, um dann zu ihrem Vater heimzukehren und bei ihm ihre Witwenjahre zuzubringen. Hier sah sie der Ethnarch Archelaus und fasste eine so leidenschaftliche Neigung zu ihr, 116 dass er alsbald seine bisherige Gemahlin Mariamne entließ und die Glaphyra heimführte. Nicht gar lange nach ihrer Ankunft in Judäa war es ihr nun, als stünde Alexander vor ihr und redete sie an: „Du hättest es dir an der Heirat mit dem Libyer genüge sein lassen sollen. Du aber bist, weit entfernt, dich damit zufrieden zu geben, an meinen eigenen Herd zurückgekommen, um dir einen dritten Mann, und was von dir noch verwegener ist, meinen leiblichen Bruder zum Gatten zu nehmen. Wisse jedoch, dass ich über diese Unbild nicht mehr hinwegsehen will. Ich werde dich auch gegen deinen Willen zu holen wissen.“ Glaphyra machte von diesem Traumgesichte sofort Mittheilung und nicht ganz zwei Tage darauf weilte sie bereits nicht mehr unter den Lebenden.


Achtes Capitel.
Judas der Galiläer. Die drei Secten der Essener, Pharisäer und Sadducäer.

117 (1.) Das Land, über welches Archelaus geherrscht hatte, wurde nun zu einer förmlichen römischen Provinz bestimmt, und als Landpfleger ein römischer Ritter, namens Coponius, dahin abgeschickt, der

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/158&oldid=- (Version vom 15.2.2020)