Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/173

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

einen Monarchen, der in keiner Beziehung einen Tadel zu scheuen hat, und knüpfen uns nicht andererseits soviele zarte Bande an jene, auf die wir uns soeben mit den Waffen in der Hand stürzen wollen?“ 212 Mit diesen Worten stürmte er mitten durch die Senatsversammlung und riss alle Soldaten mit sich fort. Die Patrizier waren für den ersten Augenblick bei dieser Meuterei wie niedergeschmettert; dann aber, als sich gar kein Ausweg zur Rettung zeigen wollte, schlugen sie denselben Weg ein, wie die Soldaten: sie eilten zu Claudius. 213 Vor der Stadtmauer stießen sie jedoch auf eine Abtheilung von Soldaten mit blanken Schwertern, die in ihrem Ungestüm nicht länger zögern wollten, das Glück an ihre Fahne zu fesseln. Infolge dessen wären die ersten Reihen der Senatoren bald in die größte Lebensgefahr gerathen, noch ehe Claudius von dem Zusammenstoß mit den Soldaten etwas erfahren konnte, wenn nicht Agrippa sich zu Claudius begeben und ihn auf das Gefahrvolle der Situation aufmerksam gemacht hätte: würde der Kaiser, bemerkte Agrippa, dem Ungestüm der gegen die Patrizier wuthschäumenden Soldaten keinen Zügel anlegen, so werde er gerade jene Personen verlieren, deren Kranz den Kaiserthron so bewunderungswürdig erscheinen lasse, um auf solche Art dann Kaiser einer Wüste zu werden.

214 (5.) Auf diese Mahnung hin ließ Claudius der erhitzten Soldateska Einhalt gebieten und nahm die Senatoren ins Lager auf, wo er sie freundlich bewillkommnete. Gleich darauf verließ er in ihrer Begleitung wieder die Kaserne, um Gott die beim Antritt der Regierung üblichen Dankopfer darzubringen. 215 Eine seiner ersten Regierungshandlungen war dann, dass er Agrippa mit dem gesammten Königreiche, das sein Großvater einst besessen hatte, bedachte, mit Einschluss des Gebietes von Trachonitis und Auranitis, das Augustus dem Herodes noch eigens verliehen hatte, außerdem aber gab er ihm noch ein anderes, das sogenannte Königreich des Lysanias. 216 Diese Verleihung machte Claudius dem Volke in einem kaiserlichen Edicte kund, das er durch die betreffenden Staatsbehörden in eherne Tafeln eingraben und auf dem Capitol hinterlegen ließ. 217 Auch Herodes, den Bruder des Agrippa und als Gemahl seiner Tochter Berenice zugleich Schwiegersohn, beschenkte er mit dem Königreiche Chalcis.

218 (6.) In Kürze flossen nun dem Agrippa aus seinen Ländern, wie es ja bei deren Umfange nur allzu begreiflich war, reiche Einnahmen zu. Weit entfernt aber, diese großen Summen zu verzetteln, begann er damit den Bau einer so riesigen Festungsmauer um Jerusalem, dass durch dieselbe, wenn sie vollständig ausgeführt worden wäre, die spätere Belagerung von Seite der Römer ganz wirkungslos gemacht

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/173&oldid=- (Version vom 15.2.2020)