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ganz unfahrbaren und stürmischen Meere aufrecht halten? 368 Wie viele Ansprüche auf ihre Unabhängigkeit hätten Bithynien, Kappadocien und das Volk der Pamphylier, die Lycier und Cilicier zu erheben, die sich aber dennoch alle ohne Militärgewalt von den Römern besteuern lassen! Und was machen die Thracier, die ein Land von fünf Tagmärschen Breite und sieben in der Länge mit ihren Stämmen bedecken, ein Land, sage ich, das rauher und viel schwerer zugänglich ist, als das eure, und das schon durch seine tiefen Fröste vor einer feindlichen Invasion abschrecken muss? Werden sie nicht durch eine Besatzung von nur 2000 Römern im Gehorsam erhalten? 369 Die Illyrier dann, welche das Land zwischen Thracien und Dalmatien, beziehungsweise bis zur Istergrenze, bewohnen, lassen sie sich nicht durch ganze zwei Legionen beherrschen, denen sie überdies noch bei der Abwehr der dacischen Streifzüge ihre Unterstützung leihen? 370 Wie oft hat doch der dalmatinische Löwe seine Mähne zum Freiheitskampf gesträubt und ward er nicht stets nur dazu niedergeworfen, um sich frische Kräfte zu sammeln und dann aufs neue sich zu erheben? Und jetzt? Jetzt hält er sich ganz ruhig, obschon nur eine einzige römische Legion das Land bewacht! 371 Ja, wenn überhaupt Jemand mächtige Beweggründe hätte, die ihn mit aller Gewalt zum Abfall treiben müssten, so trifft das am meisten bei den Galliern zu, die von der Natur selbst wie mit einem gewaltigen Mauergürtel umgeben sind: im Osten von den Alpen, im Norden vom Rheinstrom, im Süden von der Gebirgskette der Pyrenäen und im Westen vom Ocean. 372 Aber trotz dieser mächtigen Schutzwehren, die ihnen vorgelagert sind, trotz ihres Volkreichthums, der 305 Stämme umfasst, und trotzdem dass sie, um mich so auszudrücken, die Quellen ihres Wohlstandes im eigenen Lande haben, ja, mit ihren herrlichen Producten fast den gesammten Erdkreis überschwemmen, sind sie doch die geduldige Melkkuh Roms und lassen über den eigenen Nationalreichthum die Römer wirtschaften. 373 Das lassen sie sich aber nicht etwa aus Liebe zur Bequemlichkeit oder aus feiger Gesinnung gefallen – haben sie ja doch die Last des Freiheitskampfes achtzig Jahre hindurch getragen! – sondern aus dem Grunde, weil sie nicht bloß vor den Waffen, sondern auch vor dem Glücke Roms einen heillosen Respect bekommen haben, ein Glück, sage ich, das den Römern noch mehr Schlachten gewinnt, als selbst ihr Schwert! So dienen sie also den Römern unter der Aufsicht von nur 1200 Soldaten, denen fast eine größere Zahl von Städten gegenübersteht! 374 Auch den Iberern haben weder die natürlichen Goldkammern ihrer Erde noch die riesigen Entfernungen von Rom sowohl auf dem Landweg, wie auf dem Seeweg, noch die äußerst kriegslustigen Stämme der Lusitanier und Cantabrer, ja nicht einmal der

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/196&oldid=- (Version vom 17.2.2020)