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darauf rechnen könntest, kannst du denn ein tapferer Mann bleiben und dabei von solchen Leuten Pardon erbetteln? 359 Doch wenn auch du unter dem Zauber von Roms Waffenglück dich selbst, sozusagen, nicht mehr kennst, so ist es eben an uns, den Ruhm unserer Väter nicht beschmutzen zu lassen. Wir bieten dir unsererseits Hand und Schwert: gehest du freiwillig in den Tod, so wirst du als Feldherr der Juden, willst du ihm ausweichen, als Verräther sterben!“ 360 Mit diesen Worten schwangen sie ihre Schwerter über Josephus und drohten ihn niederzuhauen, wenn er sich den Römern fügen sollte.

361 (5.) Da Josephus fürchten musste, es könnten die Juden wirklich über ihn herfallen, und auf der anderen Seite es für einen Verrath an der ihm von Gott übertragenen Aufgabe ansah, wenn er vor der Ausführung seiner Botschaft in den Tod gienge, 362 so begann er nun in seiner bitteren Verlegenheit allerhand weise Betrachtungen anzustellen: „Warum sind wir denn, meine Freunde,“ sprach er, „gar so blutdürstig gegen uns selbst und suchen das, was in schönster Freundschaft miteinander lebt, Leib und Seele meine ich, durcheinanderzubringen? Ich bin nicht mehr der alte, höre ich sagen. 363 Nun, was das betrifft, so haben darüber wahrlich die Römer ein Urtheil! »Es ist schön, im Kriege zu sterben,« aber wohlgemerkt, nach dem Kriegsrechte, das heißt, unter der Hand des siegenden Feindes. 364 Wenn ich mich also feige vor der Klinge des Römers verkrieche, so bin ich allerdings gut genug, um durch mein eigenes Schwert und meine eigene Hand zu enden. Wenn aber die Römer ein Gefühl der Schonung für den Feind anwandelt, ist es in diesem Falle nicht weit mehr noch eine Forderung der Natur, dass auch wir selbst mit uns Mitleid haben? Denn es ist gewiss eine Thorheit, genau dasselbe uns selbst zuzufügen, was wir eben durch unseren Kampf mit den Römern von uns abwehren wollten! 365 »Schön ist es,« sagt man weiter, »für die Freiheit zu sterben:« das behaupte auch ich, aber im Kampfgewühle muss es sein und unter den Streichen derer, die uns die Freiheit rauben wollen. In diesem Augenblicke jedoch ziehen die Römer weder in den Kampf gegen uns, noch wollen sie uns überhaupt ans Leben. Ein Feigling ist aber ebensogut der, welcher nicht sterben will, wenn er soll, wie jener, welcher sterben will, wenn er nicht soll. 366 Ja, was hält uns denn alle für eine Furcht jetzt ab, gleich zu den Römern hinaufzusteigen? Ist es nicht die Furcht vor dem Tode? Und nun sollten wir denselben Tod, den wir von der Hand der Feinde fürchten, und der nicht einmal sicher ist, über uns selbst, und zwar unabweislich verhängen? »Aber nein, die Knechtschaft fürchten wir,«  wird Jemand sagen. 367 Nun, ich gratuliere zu der herrlichen Freiheitsluft in dieser

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/275&oldid=- (Version vom 19.2.2020)