brachten sie mit Pfeilschüssen und hinabgewälzten Felsblöcken Verluste bei, während sie selbst infolge der Höhe für die Geschosse der Römer fast unerreichbar blieben. 76 Auf einmal aber erhebt sich, wie von Gott gesandt, zu ihrem Verderben ein heftiger Gegenwind, welcher die Pfeile der Römer zu ihnen hinauftrug, die eigenen aber von der Richtung ablenkte und seitwärts verwehte. 77 Die Gewalt des Sturmes war so groß, dass die Juden sich weder über dem jähen Abhange halten konnten, da sie dort keinen festen Stützpunkt hatten, noch auch die Stürmenden zu sehen vermochten. 78 So kamen die Römer hinauf und hatten in einer Schnelligkeit die Juden, die sich theils noch wehrten, theils die Hände um Erbarmen ausstreckten, von allen Seiten umzingelt. Infolge der Erinnerung an die Opfer, die der erste Sturm gekostet, richtete sich jedoch ihr Grimm mit gleicher Heftigkeit gegen sämmtliche Juden ohne Unterschied. 79 Nun stürzte die Schar der Männer, weil nirgends mehr ein Ausweg war, an jeder Rettung verzweifelnd, zuerst Weib und Kind und dann sich selbst in die Schlucht hinab, die gerade unter dem Gipfel sich zu einer furchtbaren Tiefe aufthut. 80 So sollte selbst der Zorn der Römer in einem noch milderen Lichte sich zeigen, als das verzweiflungsvolle Wüthen der Eingeschlossenen gegen sich selbst: denn 4000 waren von den Römern hingemetzelt worden, über 5000 aber war die Zahl derer, die sich selbst in die Tiefe gestürzt hatten und dort gefunden wurden. 81 Keine Seele blieb übrig, mit Ausnahme zweier Frauen, Töchter von einer Schwester des Philippus, der ein Sohn des Jakimus, eines vornehmen Mannes und ehemaligen Feldhauptmanns des Königs Agrippa, war. 82 Sie waren dem Tode nur dadurch entgangen, dass sie sich dem ersten Grimm der stürmenden Römer in einem Verstecke entzogen hatten. Schonte man ja nicht einmal unmündige Kinder, sondern packte sie kurzweg und schleuderte sie haufenweise, wo man sie traf, von dem Gipfel in die Tiefe hinunter. 83 So ward Gamala erstürmt, am 23. des Monates Hyperberetäus. Am 24. des Monates Gorpiäus aber war hier der Aufstand ausgebrochen.
84 (1.) Jetzt war nur mehr das Städtchen Gischala in Galiläa übrig, das noch nicht in den Händen der Römer sich befand. Zwar war hier die eigentliche Bevölkerung friedlich gesinnt, da sie zumeist aus Bauern bestand, deren ganzes Interesse stets nur die Hoffnung auf einen guten Ertrag in Anspruch zu nehmen pflegt, aber es hatte sich zu ihrem Unglück eine nicht unbedeutende Bande von Schurken in die Stadt
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/305&oldid=- (Version vom 1.8.2018)