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die er retten wolle, zu schonen. 103 Mit diesen und ähnlichen Vorstellungen führte er wirklich Titus hinters Licht, da er es gar nicht auf den siebenten Tag, sondern nur auf seine eigene Rettung abgesehen hatte. Er fürchtete mit Grund, falls die Stadt sofort mit Sturm genommen würde, hier ergriffen zu werden, während eine nächtliche Flucht ihm allein noch Hoffnung gab, mit dem Leben davonzukommen. 104 Im Grunde genommen, war es eine Fügung Gottes, der Johannes zum Unheil Jerusalems erhalten wollte, dass Titus sich nicht nur durch den vorgeschützten Beweggrund zum Aufschub bestimmen ließ, sondern sogar in größerer Entfernung von der Stadt, bei Kydyssa, sein Lager aufschlug. 105 Es war dies ein stark befestigtes Dorf im tyrischen Grenzgebiet, welches ein Gegenstand beständiger Feindschaft und Fehde für die Galiläer war, da es eine zahlreiche Bevölkerung und in seiner Befestigung einen guten Hinterhalt für die Feindseligkeiten gegen die jüdische Nation besaß.

106 (4.) Als nun beim Eintritt der Nacht Johannes keine einzige römische Wache mehr in der Umgebung der Stadt gewahrte, benützte er rasch den günstigen Augenblick, nahm nicht allein seine Bewaffneten, sondern auch viele andere für den Kampf unnütze Männer sammt ihren Familien mit und flüchtete sich mit ihnen gegen Jerusalem. 107 Zwanzig Stadien weit gelang es nun dem Menschen, dem natürlich die Angst um seine Freiheit und sein Leben die Schritte beflügelte, den Tross der Frauen und Kinder in gleichem Schritte mit sich fortzubringen; darüber hinaus aber begannen sie zurückzubleiben und, von den Ihrigen verlassen, erbärmliche Klagen auszustoßen. 108 Denn die Männer liefen so, als würden ihnen die Feinde desto näher zu Leibe rücken, je weiter sie sich selbst von ihren Angehörigen entfernten. Sie vermeinten, dass jetzt und jetzt die Römer auftauchen würden, um sie gefangen zu nehmen, und jagten entsetzt weiter, wobei sie sich sogar auf das Geräusch hin, das die eigenen Leute beim Laufen verursachten, erschreckt umwandten, als ob die Gefürchteten schon zur Stelle wären. 109 Eine große Zahl verunglückte auf Abwegen, während auch der Straße entlang in der dringenden Hast, mit der einer dem anderen zuvorzukommen trachtete, eine Menge Leute niedergestoßen wurden. 110 Zum Erbarmen war zumal das Schicksal der Frauen und Kinder, von denen manche auf den Zuruf ihrer Gatten und Verwandten hin sich wieder aufrafften und unter lautem Schluchzen sie inständig baten, doch auf sie zu warten. 111 Aber den Ausschlag gab schließlich der Befehl des Johannes, der den Männern zuschrie, sie möchten sich selbst in Sicherheit bringen und jener Stadt zufliehen, in der sie auch für die verlassenen Familien, falls sie schon weggeschleppt würden, an den

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/308&oldid=- (Version vom 1.8.2018)