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dem Anmarsche der Idumäer der Fall. Ananus hatte davon rechtzeitig erfahren und ließ ihnen die Thore versperren, wie auch die Mauern sorgfältig bewachen. 237 Er war jedoch nicht willens, sie um jeden Preis als Feinde zu behandeln, sondern versuchte es vor dem Waffengange, auf dem Wege der Ueberzeugung auf sie einzuwirken. 238 Zu diesem Zwecke trat der älteste Hohepriester nach Ananus, namens Jesus, auf die Plattform des Thurmes, der den Idumäern gegenüber lag, und hielt folgende Ansprache: „So viele und mannigfache Wirren auch unsere arme Stadt schon heimgesucht haben, so möchte doch an ihrem Unglück kein Umstand so sehr mein Staunen erregen, wie der, dass selbst das Unvermuthetste als Bundesgenosse des Bösen sich einstellt: 239 ich meine damit eure Anwesenheit, da ihr den elendesten Schurken gegen uns mit einem solchen Eifer beigesprungen seid, den man von euch nicht einmal in dem Falle hätte verlangen können, wenn euch die Hauptstadt selbst gegen die Barbaren zu Hilfe gerufen hätte. 240 Würde ich freilich eure Reihen aus Leuten von der Sorte jener, die euch herbeigerufen haben, zusammengesetzt sehen, so könnte mir euer Aufzug nicht seltsam vorkommen, da nichts so sehr das gegenseitige Wohlwollen begründet, wie die Verwandschaft der Sitten. So aber wird sich jeder eurer Freunde, wenn man sie nacheinander näher beleuchtet, als ein Subject entpuppen, das tausendmal den Tod verdient hätte: 241 denn es ist der Abschaum und der Auswurf des ganzen Landes, der, nachdem er sein eigen Hab' und Gut verlumpt und eine Schule der tollsten Schlechtigkeiten in den Dörfern und Städten der Umgebung durchgemacht, endlich ganz unvermerkt die heilige Stadt selbst überschwemmt hat; 242 ein Raubgesindel, das zur Krönung seiner Ruchlosigkeiten selbst den geweihten Boden befleckt hat, und das sich, wie man es jetzt selbst sehen kann, ungescheut mitten im Heiligthum toll und voll sauft und von der Beute der Ermordeten seinen unersättlichen Wanst füllt! 243 Sieht man sich dagegen wieder euer Kriegsvolk und seinen ehrlichen Waffenschmuck an, so muss es den Eindruck machen, als hätten euch die Bewohner der Hauptstadt nach einem feierlichen Beschlusse als Bundesgenossen gegen fremde Eroberer herbeigerufen. Wie soll man es also anders nennen, denn eine Ironie des Schicksals, wenn man sehen muss, wie ein ganzes Volk mit abgefeimten Spitzbuben Schulter an Schulter kämpfen will? 244 Lange schon sinne ich hin und her, was euch denn doch in aller Welt und zwar so schnell auf die Beine bringen konnte. Denn ohne den triftigsten Grund, so sagte ich mir, würdet ihr gewiss nicht für Räuber und gegen ein stammverwandtes Volk zur Wehr und Waffe gegriffen haben. 245 Doch – wir haben von Römern und von Verrath etwas

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/323&oldid=- (Version vom 1.8.2018)