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in dem er stand, sich zu den geringsten Leuten, als wären sie seinesgleichen, herabzulassen. 320 Ein begeisterter Freund der Freiheit und feuriger Anhänger der Volksherrschaft, zog er immer das Gemeinwohl den persönlichen Interessen vor, und an der Erhaltung des Friedens war ihm, da er die Macht Roms für ganz unbesiegbar halten musste, alles gelegen, obschon er auch nothgedrungen Vorbereitungen für den Krieg treffen musste, damit die Juden, wenn sie schon von keiner Verständigung etwas wissen wollten, den Strauß wenigstens mit einigem Vortheil durchfechten könnten. 321 Kurz gesagt, wenn Ananus am Leben geblieben wäre, hätten sich die Juden sicher entweder zu einem Vergleiche herbeigelassen, da er ein Meister des Wortes, besonders ein gewaltiger Volksredner und bereits auf dem besten Wege war, seine Widersacher zu bändigen, oder sie hätten, einmal in den Krieg verwickelt, den Römern unter einem solchen Feldherrn sehr viel zu schaffen gemacht. 322 Ihm zur Seite stand in enger Freundschaft noch der genannte Jesus, der, wenn er auch ihn selbst nicht erreichte, doch über alle anderen hervorragte. 323 Aber ich glaube, dass Gott, weil er schon einmal die befleckte Stadt zum Untergang verurtheilt hatte und das Heiligthum im Feuer reinigen wollte, ebendarum auch jene, die noch an ihm hiengen und es innigst liebten, hinweggenommen hat. 324 So konnte man nun die Männer, die noch vor kurzem mit den heiligen Gewanden bekleidet und die Vorsteher einer Weltreligion waren, verehrt von den aus der ganzen bewohnten Erde nach Jerusalem kommenden Pilgern, nunmehr aller Kleider beraubt hingeworfen sehen, ein Frass für die Hunde und die wilden Thiere, 325 Männer, von denen ich glaube, dass wohl die Tugend selbst über sie geseufzt und ihre Jammerklage erhoben haben muss, weil sie in diesen Personen ein so schreckliches Opfer der Bosheit geworden. Das war also zunächst einmal das traurige Ende, das Ananus und Jesus nahmen.

326 (3.) Nach ihrer Hinmetzlung stürzten sich die Zeloten im Verein mit den Scharen der Idumäer auf das Volk, als gelte es einer Herde gemeiner Thiere, und ließen an ihm ihre ganze Mordlust aus. 327 Die gewöhnlichen Leute wurden, wo man sie traf, an Ort und Stelle niedergehauen, edlere und jüngere Personen dagegen verhaftete man und schloss sie gefesselt in die Gefängnisse ein, weil man durch den Aufschub ihrer Hinrichtung manche aus ihnen zum Anschluss an die eigene Partei zu bewegen hoffte. 328 Doch gab ihnen Niemand Gehör, sondern alle wollten lieber sterben, als dass sie zum Unheil ihrer Vaterstadt die Reihen der Schurken verstärkt hätten. 329 Entsetzlich aber waren dafür auch die Martern, die sie wegen ihrer Weigerung zu erdulden hatten: sie wurden gepeitscht und auf der Folter gereckt,

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/332&oldid=- (Version vom 1.8.2018)