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Zehntes Capitel.
Die Vitellianer in Rom. Die Legionen in Judäa rufen Vespasian zum Kaiser aus. Ihnen folgen Aegypten, Mösien und Pannonien. Beschreibung Aegyptens, speciell Alexandriens. Josephus wird von seinen Ketten befreit.

585 (1.) Um dieselbe Zeit hatte auch Rom unter ziemlich schweren Drangsalen zu leiden. 586 Vitellius war nämlich von Germanien her mit seinem Kriegsheere, das noch überdies einen großen Menschentross nach sich schleppte, in Rom erschienen. Da ihm die Kasernen, die sonst den Soldaten angewiesen waren, zu klein wurden, machte er ganz Rom zu einem Lager und füllte jedes Haus mit seinen Soldaten an. 587 Der Anblick des römischen Luxus, der sich da den Soldaten bot, war diesen etwas ganz ungewohntes, und kaum vermochten sie umglitzert auf allen Seiten von Silber und Gold, ihre Gier zu bezähmen, dass sie nicht plündernd darüber herfielen und deren Hüter niedermachten. In solcher Verfassung also waren damals die Dinge in Italien.

588 (2.) Als Vespasian nach der Eroberung der Umgebung Jerusalems wieder nach Cäsarea zurückgekehrt war, erhielt er daselbst die Kunde von den Wirren in Rom und der Thronbesteigung des Vitellius. 589 Obwohl er sich nun ebenso gut aufs Gehorchen, wie aufs Herrschen verstand, so versetzte ihn doch diese Nachricht in hellen Zorn, und er konnte gegen einen Mann, der das sich selbst überlassene Staatsruder zum Spielzeug seiner despotischen Raserei gemacht hatte, nur Verachtung empfinden. 590 Ganz vom Schmerz durchwühlt, vermochte er nicht länger der inneren Qual zu gebieten, noch auch den Krieg gegen eine fremde Nation zu betreiben, während sein eigenes Vaterland zerfleischt ward. 591 Aber so mächtig ihn auch der Unwille zur Rache für dasselbe anspornte, ebenso stark hielt ihn wieder der Gedanke an die große Entfernung von Rom zurück, da er sich sagen musste, es könnte das Geschick in seiner bekannten Tücke, ehe er noch Italiens Boden erreicht haben würde, besonders, da er zur Winterszeit hätte fahren müssen, schon längst wieder mehr als einen Wechsel vollzogen haben. Das war der Grund, dass er die schon aufzuckende Zornesglut noch niederhielt.

592 (3.) Dagegen besprachen sich seine Generäle und Soldaten bereits ganz unverhohlen über eine neue Wendung, die sie selbst den Dingen geben wollten, und schrieen im höchsten Zorne: „Wie? die Soldaten, die in Rom ein Schlaraffenleben führen und schon erzittern, wenn nur ein bloßes Kriegsgerücht ihnen um die Ohren schwirrt, diese schanzen den Männern ihrer Wahl die Herrschaft zu und ernennen sich einen Kaiser, je nach der Aussicht auf einen Gewinn? 593 und wir, die wir soviele Strapazen hinter uns haben, und deren Haar unter

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 359. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/359&oldid=- (Version vom 1.8.2018)