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musterhafter Ordnung, wie es bei den Römern von jeher üblich war, sein Heer vorrücken und drang zunächst über Samarien in das schon früher von seinem Vater eroberte und jetzt bereits gesicherte Gebiet von Gophna ein. 51 Daselbst campierte er eine Nacht, um mit dem Morgengrauen wieder weiter zu marschieren. Nach einem abermaligen Tagesmarsche nahm er sein Lager in dem von den Juden in ihrer Sprache sogenannten „Dornenthal“, welches bei einem Dorfe, namens Gabathsaul, das ist: „Sauls Hügel“, liegt und von Jerusalem etwa 30 Stadien entfernt ist. 52 Hier nahm er von der Elite 600 Reiter und ritt an ihrer Spitze Jerusalem zu, theils um die Stadt selbst und ihre Festungswerke zu recognoscieren, theils auch, um die Stimmung der Einwohner auszuholen, wenn sie vielleicht doch sein bloßes Erscheinen schon zur Furcht und Nachgiebigkeit bewegen könnte, ehe es zur Anwendung von Gewalt käme. 53 Er hatte nämlich erfahren – und das war auch die reinste Wahrheit – dass die unter der Tyrannei der Rebellen- und Räuberparteien zitternde Bürgerschaft den Frieden sehnlichst wünsche, aber, weil zu schwach für eine Gegenrevolte, zur Unthätigkeit verurtheilt sei.

54 (2.) Solange nun Titus auf der zur Stadtmauer führenden Heeresstraße geradeaus ritt, ließ sich keine Seele vor den Thoren blicken. 55 Als er aber vom Wege gegen den Psephinusthurm hin abschwenkte und seine Reiterschwadron mit der Flanke gegen die Mauer reiten ließ, da stürzten plötzlich bei den sogenannten Frauenthürmen durch das dem Helenamonumente gegenüberliegende Stadtthor eine Unzahl von Juden heraus, zertheilten den Reiterzug, 56 machten gegen die noch die Straße heransprengenden Reiter Front, um ihre Vereinigung mit den seitwärts abbiegenden zu verhindern, und schnitten wirklich den Titus mit einer kleinen Zahl seiner Krieger ab. 57 Vorwärts konnte er nicht mehr, da das ganze Terrain an der Mauer hin von Gräben, welche die Pflanzungen einschlossen, durchzogen und von Gartenanlagen in die Kreuz und die Quere, wie auch von vielen Zäunen coupiert war. 58 Eine Flucht zu den Seinigen zurück, von denen die meisten nicht einmal eine Ahnung von der Gefahr des Cäsars hatten, sondern in der Meinung, dass er schon mit ihnen umgekehrt sei, davongaloppierten, war, wie er sah, wegen der feindlichen Massen, die sich dazwischen geschoben hatten, und wegen des Rückzuges seiner Leute auf der Landstraße ein Ding der Unmöglichkeit. 59 Als nun Titus sein Heil nur mehr auf die eigene kräftige Faust gestellt sah, riss er sein Pferd herum und sprengte mit einem lautschallenden Commando an die Begleiter: „Mir nach!“ mitten unter die Feinde, um sich mit Gewalt zu den Seinigen durchzuschlagen. 60 Da nun konnte man wieder so recht sehen,

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/377&oldid=- (Version vom 1.8.2018)