Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/428

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

haben, die Römer muthlos machen. Viele gaben überhaupt die Hoffnung auf, dass die Stadt mit den damals bekannten Belagerungsmaschinen je erobert werden könnte.


Zwölftes Capitel.
Der Kriegsrath des Titus beschließt die Umwallung der Stadt. Die Hungersnoth steigt immer höher. Die Leichen werden über die Mauern geworfen. Titus lässt die Dämme an der Antonia erneuern.

491 (1.) Nun hielt Titus mit seinen Generälen Kriegsrath. Die Heißblütigeren darunter meinten, man möge einmal die gesammte Heeresmacht auf die Stadt werfen und die Mauer kurzweg im Sturme zu nehmen versuchen; 492 denn bis zur Stunde hätten nur immer einzelne Abtheilungen in den Kampf eingegriffen: würden aber die Römer alle auf einmal der Stadt zu Leibe rücken, so könnten die Juden nicht einmal den ersten Vorstoß aushalten, da sie schon unter der Wolke von Geschossen begraben werden müssten. 493 Die Vorsichtigeren dagegen riethen theils zur Wiederherstellung der Dämme, theils schlugen sie vor, man möge ohne Dämme einfach vor der Stadt sitzen bleiben und sich darauf beschränken, auf jene, die aus der Stadt herauskämen, und auf die Zufuhr von Lebensmitteln ein scharfes Auge zu haben, kurz, man solle die Bezwingung der Stadt dem Hunger überlassen, ohne mit den Feinden selbst handgemein zu werden. 494 Mit der Verzweiflung sei ja kein Kampf möglich, da die Juden ohnehin nur den Wunsch hätten, unter dem Schwerte zu fallen, und überdies eine noch schrecklichere Qual, falls sie vom Schwerte verschont blieben, vor sich sähen. 495 Die Meinung des Titus gieng dahin, dass es den Römern doch nicht gut anstehe, mit einer so ungeheuren Heeresmacht völlig unthätig zu bleiben, dass aber andererseits auch der Kampf mit solchen Leuten, die sich gegenseitig noch aufzehren würden, keinen Zweck habe. 496 Das Aufwerfen von Dämmen, äußerte er sich, sei wegen Mangels an Holz schwer ausführbar, das Bewachen der Ausgänge aber eine noch schwierigere Sache, da es bei dem großen Umfange und der ungünstigen Terraingestaltung der Stadt nicht leicht angehe, sie durch das Heer vollständig einschließen zu lassen, was übrigens auch bei einem Ausfalle von Seite der Juden verhängnisvoll werden könnte. 497 Würde man aber bloß die auffälligeren Wege überwachen lassen, so würden die Juden sicher in ihrer Bedrängnis und bei ihrer Ortskenntnis Schleichwege ausfindig machen, auf denen dann die Lebensmittel ganz und gar unbemerkt hineingeschmuggelt würden, was natürlich für die Belagerung eine noch größere Verzögerung bedeuten müsste. 498 Nun besorge er ohnehin schon, es möchte die Länge

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/428&oldid=- (Version vom 1.8.2018)