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die verdächtigen Kameraden auszuforschen und zu ihm zu bringen. 558 Aber, wie gerade unser Fall wieder zeigt, setzt sich die Habsucht über jede Strafe hinweg, da eine gar wilde Gier nach Gewinn im Herzen des Menschen lodert, und keine Leidenschaft soviel wagt, wie eben die Habgier, 559 während doch sonst die anderen ein Maß und Ziel haben und sich wenigstens von der Furcht beherrschen lassen. Im Grunde genommen war es jedoch derselbe Gott, der das ganze Volk zum Untergang verurtheilt hatte, welcher ihnen auch jeden Rettungsweg in einen Weg des Verderbens verkehrte. 560 Denn was der Cäsar unter strenger Strafe untersagt hatte, das wagte man wenigstens heimlich noch gegen die Ueberläufer, indem jetzt die Barbaren den aus der Stadt fliehenden Juden, ehe sie völlig in den Gesichtskreis des Lagers kamen, entgegenliefen und sie ums Leben brachten. Dann sahen sie sich vorsichtig um, ob sie nicht von einem Römer beobachtet würden, und schlitzten dem Getödteten den Leib auf, um den blutbefleckten Gewinn aus den Eingeweiden herauszureißen. 561 Nur in wenigen fand man etwas; die Mehrzahl wurde ganz nutzlos um einer trügerischen Hoffnung willen hingeschlachtet. Dieses traurige Schicksal bestimmte natürlich viele Ueberläufer zum Bleiben.

562 (6.) Als die Vorräthe, die Johannes dem Volke abgenommen hatte, ausgiengen, warf er sich auf den Tempelraub. Unter anderen ließ er viele Weihegeschenke aus dem Heiligthum, wie auch viele zum Gottesdienst erforderliche Gefäße, z. B. Mischkrüge, Teller und Tische einschmelzen und legte seine Hand sogar auf die von Augustus und seiner Gemahlin gewidmeten Weingefäße. 563 Also, die römischen Kaiser ehrten jederzeit den Tempel und bereicherten ihn mit Schmuckgegenständen, und der Jude von damals riss selbst die von anderen Nationen gewidmeten Weihegaben herunter, 564 indem er zu seinen Spießgesellen noch zu sagen sich erfrechte, man dürfe ohne Scheu für Gott auch Gottes Eigenthum verwenden, und die Vertheidiger des Tempels müssten auch vom Tempel aus erhalten werden. 565 Deshalb leerte er auch den heiligen Wein und das Oel aus, welche die Priester für die Besprengung der Brandopfer, und zwar im inneren Raume des Heiligthums, noch aufbewahrt hatten, und vertheilte den Vorrath unter seine Schar, von der nun ein jeder ohne das mindeste Grauen mehr als ein Hin an seinem Leibe verschmierte und davon auch trank. 566 Ich möchte hier nicht länger mit einem Bekenntnis zurückhalten, das mir das gepresste Herz auf die Lippen drängt: Ich glaube nämlich, dass, wenn die Römer noch länger gezaudert hätten, die Frevler zu zerschmettern, die Erde sich hätte aufthun müssen, um die Stadt zu verschlingen, oder dass eine Sündflut sie hätte austränken oder die Blitze

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/436&oldid=- (Version vom 1.8.2018)