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des Simon, jede für sich, um den Tempel wieder Stellung genommen und suchten die Römer mit einem ganz außerordentlichen Aufgebot von Kraft und Entschlossenheit zurückzuschlagen, 73 da mit dem Eindringen der Römer in den Tempel, wie sie wussten, ihr Untergang besiegelt war, und die Römer auch ihrerseits darin den entscheidenden Wendepunkt zum Siege sahen. 74 So wogte nun denn um die Tempelthore ein grimmiger Kampf: die Römer wollten mit aller Gewalt hinein, um endlich auch das Heiligthum in ihre Hand zu bekommen, während die Juden sie wüthend zurückstießen und gegen die Antonia hindrängten. 75 Pfeil und Speer war da völlig unnütz; es arbeitete nur das blitzende Schwert, und man konnte im Handgemenge nicht einmal mehr unterscheiden, wo denn Freund oder Feind stand: so entsetzlich war das Gewühl, und so unentwirrbar waren die Kämpfer ineinander gekeilt! Auch Commando und Losung blieben im sinnbetäubenden Getümmel ganz unverständlich. 76 In Strömen floss das Blut der Juden und der Römer, und in der Wuth des Kampfes zerstampfte man selbst noch Körper und Rüstung der Gefallenen unter den Füßen. 77 Je nachdem des Kampfes Schwergewicht bald dahin, bald dorthin drängte, hörte man stets die Gewinnenden ein begeisterndes Jubelgeschrei, die Geschlagenen ein banges Weheklagen ausstoßen. Dabei erlaubte der Raum weder eine ordentliche Flucht noch eine ordentliche Verfolgung, sondern es waren lauter unentschiedene Vorstöße und Rückstöße eines regellosen Kampfes. 78 Die Vordersten hatten rein nur die Wahl, zu fällen oder zu fallen, ein Rückzug war ganz unmöglich, da die Hintermänner ihre Leute von beiden Seiten vorwärts stießen und gar kein Plätzchen freien Gefechtsfeldes übrig ließen. 79 Endlich bekam doch der wüthende Ungestüm der Juden das Uebergewicht über die sonst so kriegsgeübten Römer, und auf der ganzen Linie gieng der blutige Strauß, der ja bereits von der neunten Nachtstunde bis zur siebenten Stunde des Tages gedauert hatte, allmählich seiner Wendung entgegen. 80 Zu derselben trug besonders der Umstand bei, dass die Juden ihre ganze Macht ins Treffen geworfen und in ihrer Angst vor der völligen Erstürmung einen Ansporn zur verzweifeltsten Tapferkeit gefunden hatten, während die Römer nur mit einem Theile ihrer Streitkräfte in den Kampf verwickelt waren, da die Legionen, auf die man sich verlassen hatte, noch immer nicht die Veste erstiegen hatten. Vor der Hand erschien es daher am rathsamsten, sich mit der Einnahme der Antonia zufrieden zu geben.

81 (8.) Bei den Truppen aus Bithynien diente damals auch ein Centurio, namens Julianus, ein Mann von nicht unansehnlichem Geschlechte, der sich unter allen Soldaten, mit denen ich auf jenem

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 449. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/449&oldid=- (Version vom 1.8.2018)