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Nationalität aufgeben und die Sitten meiner Väter vergessen müsste. 108 Schon wieder wirst du grimmig und stoßest Lästerungen gegen mich aus! Doch es geschieht mir ganz recht, und wenn mir selbst noch Aergeres widerführe, da ich entgegen dem Verhängnis noch eine Warnung wage und Leute, die von Gott schon verurtheilt sind, dem Verderben noch entreißen möchte. 109 Wer kennt denn nicht die Aufzeichnungen der alten Propheten und das über die unglückliche Stadt geweissagte Verhängnis, das nunmehr hereinbricht? „Um jene Zeit“, so haben sie es vorausverkündet, „wird Jerusalem eine Beute seiner Feinde werden, wo ein Jude den Juden zu morden anfängt“. 110 Ist aber nicht schon die Stadt und der ganze Tempel mit den Leichen eurer gemordeten Brüder angefüllt? So muss denn nun Gott der Herr, ja Gott selbst die läuternde Flamme durch der Römer Hand auf sein Heiligthum werfen und die von tausend Schandthaten strotzende Stadt mit Stumpf und Stiel ausrotten“.

111 (2.) Soweit hatte Josephus unter Seufzen und Thränen gesprochen: jetzt erstickte heftiges Schluchzen seine Stimme. 112 Während aber selbst die Römer von seinem Jammer ergriffen waren und seine edlen Absichten bewundern mussten, wurden die Anhänger des Johannes dadurch zu noch größerer Kampfeswuth gegen die Römer aufgestachelt, schon aus dem einzigen Grunde, weil sie nur gar zu gern bei einer solchen Gelegenheit auch den Josephus in ihre Gewalt gebracht hätten. 113 Dagegen rief die Rede unter den Vornehmen eine mächtige Bewegung hervor. Allerdings wagten es auch von diesen manche aus Angst vor den Wachposten der Rebellen nicht, die Stadt zu verlassen, so klar ihnen auch ihr eigenes Verderben und das der Stadt vor Augen stand; es gab aber auch andere, die solange passten, bis sie den rechten Augenblick erspäht hatten, um ungefährdet aus der Stadt entweichen und ins römische Lager fliehen zu können. 114 Solche Männer waren die Hohenpriester Josephus und Jesus, wie auch einige Söhne von Hohenpriestern, so die drei Kinder des Ismael, der in Cyrene enthauptet ward, vier Söhne des Matthias und der Sohn eines anderen Matthias, welchen, wie früher erzählt wurde, Simon Gioras sammt drei Kindern hatte hinrichten lassen, und dessen vierter Sohn nun nach dem Tode des Vaters zu den Römern entkommen konnte. Auch viele andere Vornehme schlossen sich ihrem Uebergang zu den Römern an. 115 Der Cäsar nahm sie nicht bloß ganz freundlich auf, sondern gestattete ihnen auch, weil er wusste, dass sie die Berührung mit fremden Sitten nicht gerade angenehm finden würden, sich nach Gophna zu begeben. Dort sollten sie nach seinem Rathe solange bleiben, bis er wieder die Hände vom Kriege frei bekäme, um dann jedem aus ihnen seine Be-

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 453. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/453&oldid=- (Version vom 1.8.2018)