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und namentlich nach dem ägyptischen Theben hatten flüchten können, wurden nicht lange darauf ebenfalls festgenommen und wieder nach Alexandrien zurückgebracht. 417 Bei diesen Gefangenen trat indes eine solche Standhaftigkeit und – ich weiß nicht, soll man sagen „toller Fanatismus“ oder „Kraft der Ueberzeugung“ zu Tage, dass sich wohl Niemand dem Gefühle höchster Bewunderung verschließen konnte. 418 Denn obgleich man gegen sie alles mögliche ausdachte, was nur immer ihren Leib martern und zerreißen konnte, um nur das eine zu erreichen, dass sie den Kaiser als ihren Herrn anerkannten, so ließ sich dennoch kein einziger wankend machen oder auch nur die Möglichkeit eines solchen Bekenntnisses durchblicken, sondern siegreich behaupteten alle trotz der Pein ihre Ueberzeugung, indem ihr Leib, wie ein gefühlloser Klotz, ihr Geist aber fast mit einer gewissen Freude die Folter und das Feuer umfieng. 419 Was aber noch am allermeisten die Zuschauer in Staunen setzte, das war der Umstand, dass sich darunter auch Knaben im zartesten Alter befanden, von denen sich gleichfalls kein einziger die Anerkennung der kaiserlichen Oberherrlichkeit abpressen ließ. Eine solche Herrschaft besaß die Entschlossenheit einer kühnen Seele über den schwächlichen Leib!

420 (2.) Der damalige Präfect von Alexandrien, namens Lupus, meldete dem Kaiser ohne Verzug die ganze Bewegung. 421 Da Vespasian wohl merkte, dass die Juden ihre Umsturzgelüste nie mehr fahren lassen würden, und die Besorgnis hegte, sie möchten sich wieder in größeren Massen an einem Punkte sammeln und auch einen Theil ihrer ruhigen Stammesgenossen mit in den Aufstand hineinreißen, so gab er Lupus den Befehl, den Judentempel im sogenannten Oniasbezirke niederzureißen. 422 Dieser Tempel steht in Aegypten und leitet seinen Ursprung, wie auch seine Benennung von der folgenden Begebenheit her: 423 Onias, einer von den Hohenpriestern aus Jerusalem, der Sohn des Simon, musste sich vor dem syrischen König Antiochus zur Zeit seines Kampfes mit den Juden flüchten und kam bei dieser Gelegenheit nach Alexandrien. Von Ptolemäus, der selbst mit Antiochus auf gespanntem Fuße lebte, eben darum wohlwollend aufgenommen, äußerte sich Onias dem König gegenüber, er könnte ihm die Bundesgenossenschaft der ganzen jüdischen Nation verschaffen, wenn er seinen Anträgen Folge geben würde. 424 Als der König ihm erklärte, dass er sein Möglichstes thun werde, verlangte Onias von ihm die Bewilligung, irgendwo in Aegypten einen Tempel errichten zu dürfen, um dort nach der Väter Sitte die Verehrung Gottes zu pflegen. 425 Denn auf diese Erlaubnis hin, meinte Onias, würde der Hass der Juden gegen Antiochus, den Verwüster ihres Tempels zu Jerusalem, noch stärker

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/536&oldid=- (Version vom 1.8.2018)