Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 046.png

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vorbeigetrieben. Nirgend als in Frankreich ist dem Kunstfreunde der echte Genuß seiner Lieblinge erlaubt. Dort geht man, den Katalog in der Hand, ungestört umher, verweilt wo und wie lange man will; hier aber und überall in Deutschland sucht der oft herzlich unwissende Führer seinen Thaler oder Ducaten nur so schnell als möglich zu verdienen, und damit Gott befohlen!

Ein großer Saal enthält viele schöne Arbeiten französischer Künstler, ein anderer ist mit den Werken deutscher, besonders bayerischer Maler angefüllt. Auch hier fiel mir manches sehr gute Bild auf, aber ich bin zu schnell durchgejagt worden, um etwas mehr als eine verworrene Erinnerung von dem, was ich sah, behalten zu haben. In den andern Sälen hängen die italienische und niederländische Schule durch einander; letztere nimmt unstreitig den größeren Platz ein, und es sind bedeutende Meisterwerke darunter, besonders Scenen des niedrigen Lebens, in welchen diese Niederländer so excelliren, daß ich bei ihrem Anblick Alles vergesse, was ich sonst über die eigentliche hohe Bestimmung der Kunst denke und fühle, und mit innigstem Wohlgefallen bei diesen unbegreiflich fleißig und wahr gearbeiteten Bildern verweile, die so ganz die Sache selbst sind, die sie vorstellen.

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_046.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)