Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 088.png

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Die Art, wie hier Alles in den Adel erhoben wird, kam mir, ehe ich mich daran gewöhnt hatte, ungemein wunderlich vor; was keine goldene Bürgerhaube trägt, ist Ihr Gnoden; Reisende wie wir sind hochgräfliche Excellenzen, sie mögen sich dagegen sträuben, so viel sie wollen. Meine Frau Wirthin war auch eine gnädige Frau und hatte ihren schönen Schmuck, und ihre eigne Equipage, und ihr gnädiges Fräulein Tochter hatte die Gnad’, mir für achtzehn Kreuzer ein zerrissenes Halstuch recht sauber und geschickt auszubessern. Oft kam es mir bei solchen Gelegenheiten vor, als sähe ich Kinder mit einander Könige oder Grafen spielen, und wirklich sind auch diese frohen gemüthlichen Menschen wie die Kinder. Ihr Ideenkreis ist beschränkt, davor können sie nicht, und könnten einen mehr erweiterten auch schwerlich brauchen, den zu erringen Mittel und Wege ihnen ohnehin abgeschnitten sind. Ihr ganzes Dichten und Trachten geht auf sinnlichen Lebensgenuß aus und den haben sie reichlich. Dabei steht neben ihnen der Beichtvater und sorgt dafür, daß sie es nicht zu arg treiben, und hinter ihnen die argusäugige ma bonne Polizei, mit aufgehobnem Finger drohend: Du, Du, nimm Dich in Acht! wenn es aussieht, als ob sie sich einmal ein wenig emanzipiren wollten; aber sie

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_088.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)