Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 205.png

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Andern riefen ihm nach. »Le front, die Stirn,« folgte jetzt, und so wurden in beiden Sprachen alle Theile des Kopfes genannt, und immer legten die Kinder die Hand auf den eben bezeichneten Theil. Dann gingen sie ebenfalls in beiden Sprachen zu der nähern Beschreibung jedes einzelnen Theils des Kopfes über; zum Beispiel: »die Nase befindet sich in der Mitte des Gesichts zwischen den Augen und der Stirn.« Der Lehrer stand schweigend dabei, um auf Ordnung zu halten.

Die ganze Sache wollte mir anfangs in einem etwas komischen Lichte erscheinen, aber ich wurde doch bald gewahr, wie sie das Nachdenken, die Urtheilskraft der Kinder frühzeitig schärft und sie gewöhnt, auf Alles, was sie umgiebt, gehörig zu achten. Ich bat zum Scherz einen neben mir stehenden kleinen Knaben, mir einen ganz gewöhnlichen hölzernen Stuhl, der eben in der Nähe war, auf diese Weise zu beschreiben, und hörte mit Erstaunen an, was das Kind mir Alles von diesem zu sagen wußte, von den Handwerkern, die dazu gehörten, ihn hervorzubringen, von der Holzart, aus der er bestand, von dem Baume, der diese Holzart lieferte. Eine Menge nützlicher Kenntnisse wurden an die Beschreibung dieses unscheinbaren Stuhls geknüpft.

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_205.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)