Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 254.png

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Nachricht, daß sie noch da wäre, blieben wir verschont, das weiß man jetzt mit Gewißheit. Es ist unbegreiflich, wie man dem größten Unglück entgangen ist; Gottes Engel wachte über uns. Noch heute sagte mir Goethe, daß man in seinem Hause überall zerstreutes Pulver und gefüllte Patronen gefunden hat. In einem Hause ihm gegenüber ist förmlich Feuer angelegt und nur durch Zufall entdeckt und ausgelöscht worden. Ueberall lag Pulver und Patronen, überall standen Pulverwagen, überall lief man mit brennenden Lichtern umher, und Gott erhielt uns doch. Meine Existenz wird hier angenehm werden; man hat mich in zehn Tagen besser, als sonst vielleicht in zehn Jahren kennen gelernt. Goethe sagte heute, ich wäre durch die Feuertaufe zur Weimaranerin geworden. Wohl hat er recht. Er sagte mir, jetzt, da der Winter trüber als sonst heranrücke, müssen wir auch zusammenrücken, um einander die trüben Tage wechselseitig zu erheitern. Was ich thun kann, um mich froh und muthig zu erhalten, thue ich. Alle Abende, so lange diese Tage des Trübsals währen, versammeln sich meine Bekannten um mich her, ich gebe ihnen Thee und Butterbrot im strengsten Verstande des Wortes. Es wird kein Licht mehr als gewöhnlich angezündet,

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_254.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)