Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 269.png

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selbst. Der hochgewölbte Scheitel ist ganz kahl, an den Seiten schlägt das bräunliche versilberte Haar sich über dem Ohr zum Nacken leicht in Locken, in geistliche Locken möchte ich sagen, denn sie bezeichnen deutlich den Stand, zu welchem Herder gehörte. Ueber ein schwärzlich graues Kleid, unter welchem sich nur wenig von einer lilla Weste zeigt, schlägt sich ein dunkler, bläulicher Mantel mit breit übergeschlagenem Unterfutter von violetten Sammet. Der Grund ist wie bei den andern Gemälden, der Ausdruck des Ganzen, himmlische Liebe und Trost.

Meinen Liebling habe ich mir zuletzt gespart, denke nur nicht in Deinem argen Sinn, daß ich mich deshalb zu den Grazien drängen will. So muß das Alter dargestellt werden, wenn wir alle Lust bekommen sollen alt zu werden, oder was noch mehr sagen will, darüber trösten sollen, daß wir alt sind. Liebenswürdigeres läßt sich nichts denken, als Wieland in diesem sprechend ähnlichen Bilde ist. Wie schön steht das schwarz sammetne Käppchen über den silbernen seidenen Locken, über der verklärten Stirn zu dem schwarzen Kleide und dem zierlich ausgemalten, brillantenen Annen-Orden an dem rothen Bande um den Hals! Es giebt ihm das Ansehen eines gefürsteten Prälaten, und doch sieht man gleich mit einem

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_269.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)