Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 280.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Zu meiner Freude und aller Derer, die die Kunst lieben, wird Kügelgen eine Reihe von kleineren Gemälden für einen deutschen Kunstfreund malen; diese bleiben dann doch im Vaterlande, diese und des Künstlers Heiligthum, sein Stolz und seine Freude, von der er sich nie wird trennen können, seine meisterhafte Kopie der Madonna von Raphael aus der hiesigen Gallerie.

Wer kennt dies einzige Gemälde nicht! und wer kennt nicht auch mehr oder weniger mißlungene Kopien desselben. Die Schwierigkeiten des Kopirens bei diesem Gemälde, welches bei aller hellstrahlenden Herrlichkeit dennoch durch die Zeit unendlich gelitten hat, sind fast unüberwindlich, gerade weil so viel oder so wenig noch davon existirt. Ich möchte sagen, der Körper sei fast verschwunden, und nur der Geist schwebe in himmlischer Klarheit vor unsern Augen. Wie schwer ist es da, nicht zu viel von Eignen hinzuzuthun, und wieder auch nichts zu verlieren! Wunderbar hat unser Künstler den rechten Weg gefunden. Kein Zug ist da, der nicht Raphael angehörte, aber aller Schmutz der Zeit, alles Fremde, Entstellende, ist verschwunden. Die Kopie hat sogar nicht das Ansehen eines frisch gemalten Bildes. Es ist Raphaels Madonna, restaurirt; man freuet sich, das

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_280.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)