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XI
Allemanier die zweiten oberherren des Lands
[Ao. 440] Die Alemanier waren ein Teütsches zusammen gelaufenes Volk, Witenberger,
Schwarzwälder, Schwaben, *) sie waren ein groses und kriegerisches Volk, das nach
vielen überfällen endlich die Römer besigt und überwunden und das östliche
Helvetien also eroberet, diese Alemanier zerstörten Städte, Dörfer und Burgen,
alles was einen römischen ursprung hate, auß has gegen dieselbe *) sie treibten
Raub und nahmen auch Kriegs dienste bey andern, die Hirten zogen auf den
Weiden und Gemeinheiten herum, sie haten nichts als Herden und Waffen, und
groß Vieh, viele bleibten im Teütschen Walde und zogen in Einöden und machten
Sclaven auß denen besigten Römern, und Helvetier, und führten den verhaßten
namen zwischen sich und den alten Jnwohner ein, der Freyen und Leibeigenen, da sie
diese als im Krieg überwundene Feinde nach ihren Gesezen zu Sclaven machten, und
alles Eigenthums beraubte, und für ihre Herrn das Land zubauen zwang. **)
Als halb Wilde stellten sie auf lange Zeit den Fortgang der Kultur, die unter
der Herrschaft der Römer begonnen hate, oder schoben dieselbe zurük, welches vorzüg-
lich von der Christlichen Religion wahr ist, welche die Römer in den letzen
Zeiten in ihre Städte, Schlöser, u. Lager eingeführt, die meistentheils Christen waren.
Die Alemanier brachten eine andere Sprache, andere Gewohnheiten, eine andere
Regierungs art, und einen andern Gott mit sich nach Helvetien, dann es lieber
seinen Gotte Wodan, und den Bäumen, Flüßen, Bergen und Thälern, Pferdte
opferten. Die Einwohner die Einwohner flüchteten sich in die gebirge da entstuhnden Bergleut.
Helvetien verlohr durch die Eroberung seinen namen und wurde von seinen
Besigern auch Alemanien, oder Schwaben genant; welchen namen eß mit dem
über dem Rhein gelegenen Lande viele hundert Jahr lang trug.
Cäßar, machte von den Alemanier folgende Beschreibung. VI. buch 22. C.
Sie treiben nicht sehr den Ackerbau; ihre meiste nahrung besteht aus milch
Käß und Fleisch, unter ihnen hat keiner sein eigen Feld, jedes Jahr theilten ihre
Häupter die Grundstücke auß; das folgende Jahr mußten sie wieder an
andere außgetauscht werden. Dieses thun sie, damit sie sich nicht so sehr
dem Landbau ergeben, und dardurch den kriegerischen national Geist
verlieren. Damit keiner nach weitlaüfigem Land eigenthum strebe,
und seine mit brüder verschlinge; damit sie ihres kurtzen aufenthalts wegen,
von der Versuchung verwahrt bleiben, sich entweders allzu bequeme oder
allzu veste Wohnung zu bauen.“ mr 390.
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*) Die Alemanier haben durch ihre Zerstörung das Land wider zur Wüste ge-
macht und hingegen die Berge zu Waide gemachet, u. in beweglichen Hütten gewohnet § .
**) Bey ihnen war ein Vornehmer und ein mitlerstand, sie haten freygelaßene
Leüte, gemiethe Kne Diener, und Leibeigene unter sich.
§ 200 Jahr vor Christy geburth vereinigten sich allerley Völker, um den Mayn u.
Oberrhein, die sich Allemanen hießen, das ist allerley mann genant.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-013_Seite_12.jpg&oldid=- (Version vom 9.8.2024)