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Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-024 Seite 23.jpg

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23
XXII

Von der ehemaligen Wildnis des Arbonerforst

Der gelehrte Haller in Bern, hat geschreiben „die Welt ist auß Gottes hand
alß ein Wald gekommen. Das unser Vatterland auch eine Wildnus gewesen ist wahrscheinlich.
[AU 1]     Amian Marcellin Schreibte: „der zugang zum Bodensee sey durch schauervolle
Waldung verspehrt, und die Gegenden umher haben Bären, Wölfe, wilde thier,
und nach wildere menschen.“ (also waren zu dieser zeit diese wilden menschen Einwohner)
     Diese beschreibung mag eine grundliche Schilderung der ersten Bewohner
geweßen seyn, weil sie sich alß Hirten und Jäger in der Wildnus aufhalten
müßen, und meistens von dem Gewild gelebt, so ist glaubwürdig, das eß auch
Wilde und rohe menschen nach gewesen sind, sonsten hetten sie sich nicht an so viele
wilde thiere wagen, und gleichsam unter ihnen Leben und wandlen, und solche
außrüthen dörfen, und das nach ohne Pulver und bley (weil das Pulver
erst Ao. 1380 erfunden worden).
     Die Forste an dem lincken See ufer wegen gröse u. dunckelheit
     wurde der schwarz Wald u. auf dem rechten das schwarz Holz genant.
     Über dem Bodensee sey zu der Römer Zeiten, der Silva Hercini (oder
Hercinische Wald genant) gewesen, der sich von Helvetien durch ganz Deutschland
bis in Pohlen erstreckt habe, deßen länge sich auf 60 Tagreißen erstreckt habe.
     Da das Kloster St. Gallen mit seiner angebauten nachbarschaft in einer
Wüste bey großen Waldung lag, zeigte sich im Arboner forste, oder dem berg-
lande *) das zwischen der Sittern und dem Rhein ligt, keine Spur eines angebau-
ten orts, nicht ein mahl in benennung der berge, Flüße und Dörfer, welche
wie St. Gallen, deutsche - und nicht rätische namen haben, sondern von den neuen
Jahrhunderten sind, da wenige den namen von ihren Besizern, sondern von den
Thieren und Waldungen, die vorher da waren, tragen, z.B. Rehetobel, und
Rechberg, Hirschberg, Schweinberg, Wolfhalden, Bärnegg, Gaiß, Hundweil, Berlach [?]
Waldstatt, Wald, Waldshaußen, (Rüthy und Schwendy, von ihrem aufrüten).
[AU 2]     „Der zentgraf Waltram habe alle Rechte und ansprach die er auf diese
Wildnus gehabt dem Abt Othmar abgetreten, und Pipin beschenckte ihme mit
60 lb Silber und eine Gloken Ao. 747. St. G.G. pag 40-41. arx.
     Hernach meldet die Kloster Chronik, das man annehmen könne, das auf diese Zeit
die Pläze auf welchen das Kloster St. Gallen, für seine Hirten und grosen Viehherden
in der Wildnis wohnungen errichten ließ, anfiengen angebaute ort zuwerden,
früher wurde das urbarmachen in dem Theile der Wildnis, welcher über der
Sittern ligt vorgenommen, das Gosau, Schweinberg, Ramsperg, schon angebaute
höfe waren, und in Herisau schon eine kirchen stand #das gebaute Land war in
Zelgen eingetheilt und nach Jucharten abgemeßen.
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*) Wann man andere geschichtschreiber dargegen hält, so heißt eß das der könig
ehe Gall in das Land kommen, seine Königliche Güter gehabt, und der adel ihre Höfe,
also eß keine durchgehende Wildnus mehr gewesen, doch mehr Waldung als
Weiden, wo Hirten und Jäger sich nur in Hütten aufgehalten und gewohnet haben
und alß nach eine Wüste mag gewesen seyn u. keine angebaute ort gehabt oder Dörfer.


  1. Die Teutschen haben bis in das Sechste Jahrhundert in Wäldern gewohnt im Stande der Wildheit, u. sich in Höhlen verkrochen Sturm u. Regen außzuweichen u. darin sich aufgehalten bis sie Wohnung oder Hütten erbauen haben von an der Sonnen getröchneten Ziegel u. Laim.
  2. Das Stift rechnet sich den Verdienst zu, das Land urbar gemacht zuhaben. Roschach wie Goldach u. Mörschwil, seyen vor Gally ankunft schon bewohnte ort gewesen. arx 37. pag 4 anmerkg siehe hierin & p281. wie die Wildnis zu höfen u. güter worden.