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[AU 1] Priester aber wurden darüber entrüstet und hezten die römischen Kayser gegen
die Christen als Verächter ihrer Götter auf. Es entstanden die schwärsten verfolg-
ungen, man brauchte die größten Martern, aber je mehr Christen blut vergoßen
wurde, je mehr nahm die Zahl der Christen zu. Ihre Rechtschaffenheit im Leben
und ihre Freudigkeit im Tode machten alle nachdencken aufmerksam unter
# Juden und Heyden. Über dreyhundert Jahr ließ Gott seine Kirchen also
unter schwären Verfolgungen seufzen, endlich schenckte er ihr ruhe, da der römi-
sche Kayser Constantin und seine Mutter sich selbst zum Christenthum bekenten,
und sich Tauffen liesen, und demselben offentliche Duldung zugestand, im
[400] vierten Jahrhundert, und mehrere Prächtige Tempel, und Constantinopel auch
Erbaute*) das also die Christen auf gehört eine Privat gesellschaft zu seyn.
Dem römischen Kayser zugefallen traten aber auch viele Tausende zur
Christlichen Kirchen, ohne überzeugung und ohne Beßerung des Herzens.
Das die Zeit anfieng, von welcher Christus vorher gesagt. „Die Kirchen
sey einem Acker gleich, worauf Waitzen und unkraut wachse“.
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*) Biß in das Seibente Jahr Hundert waren Heyden, Juden, und Christen
zu dieser Zeit aber entstand eine neue Religion unter den Türken.
[AU 2][Ca. 600.] Muhamed trat alß ein Provet hervor und rühmte sich Göttlicher
offenbarungen # und suchte die drey alten Religionen zusammen zusezen und
zu vereinigen. Er Lehrte einen einzigen wahren Gott, an den Schöpfer
Himmels und der Erden glauben und verehren, durch die reitzende schilder-
ung des Paradißes. Wußte er seinen Lehren ein solches ansehen zu-
geben, das seine anhänger sich außerordentlich vermehrten, in einem Zeit-
raum von zehen Jahren, mußte sich ihm ganz Arabin unterwerfen, er
hate das verdienst das er die abgötterey in Asien unterdrückt hat.
Seine außsprüche wurden in ein Buch unter dem Namen Alkoran,
(das heißt sammlung) zusammen getragen, welches manche treffliche Lehren
auch enthalten. Er glaubt das Gott den Menschen zur zeitlichen und
Ewigen Glükseligkeit erschaffen, u. um sie dahin zuführen, drey grose
Provethen in die Welt gesandt habe, Moßes, Christus u. Muhamed,
den größten Moßes habe den Gläubigen lauter jrdische Verheißungen
gegeben, Christus habe die unsterblichkeit der Selen, und die aufer-
stehung des Leibs ins Liecht gesezt, und seinen Jüngern die Belohnung
in der Ewigkeit versprochen. Er verwirft also weder die Lehre Moßes,
nach Christy, um sich die Juden und Griechen gefällig zu machen. Er
Starb Ao. 632 und dultete alle Religionen, seine Nachfolger aber die sich
auch Gesandten Gottes nanten, fielen mit seiner vortrefflichen Armee
in Afrika, Spany, u. Portigal ein, und wer nicht sterben wolte mußte
ihren Glauben annehmen, sie droheten ganz Europa, und zogen mehr
als ein mahl in Frankreich, wurden aber von Carl Martell geschlagen
[732] und zurück getreiben.
- ↑ #Die Juden glaubten einen einigen wahren Gott, den Schöpfer, Erhalter u. Beherrscher der Welt, u. alles was das alte Testament enthalt; aber sie erkennen Jesum nicht für den Mesias sonder erwahrten einen andern.
- ↑ Er hielt das alte - u. neue Testament für wahr, aber von Juden u. Christen verdorben; der Koran hebt bede auf u. verdient als Gottes- Wort verehrung
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-039_Seite_38.jpg&oldid=- (Version vom 8.8.2024)