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Seite:KB AR Rechsteiner Chronik Ms401-051 Seite 50.jpg

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Bezirks-vögte, Schirmvögte, und Reichsvogttey der Kayser übers Land.

[AU 1]     Der erste allgemeine Schirm vogt Wito, von Ao. 950 bis 971 - arx - [310.arx]
[AU 2][Ao. 950.] Das amt eines Schirm Vogts fieng von der zeit an, als es die Kayser
an sich u. das Reich gezogen haben u. nante solche auch Reichsvogtey.
Sie ließen durch ihre unter vögt die übelthäter hinrichten; die Jahrgerichte
besuchen u. einige gröbere verbrechen mit geld abstrafen, bezogen unter
dem Namen der Reichs vogtey nicht nur die alten den Schirmvögten be-
stimmten Strafgelder u. Gefälle, die in geld, früchten u. Schafen bestanden,
sondern forderten nach darzu eine Jährliche Steuer, von Appenzell
125 Mark Silber, (das Mark f. 2) von Hundweil u. Urnäschen 34
Mark, 12 Schilling Pfenige u. von Trogen 70 Pfund.#)
     Sie maßten sich das Recht an, das in ihrer vogtey sitzende volk
sooft u. so hoch mit Steuren anzulegen als eß ihnen beliebte, wenn
sie solche nur so mäßigten das die Leute nach ihrem Stifte die zinße
entrichten konten. #) die Reichssteuer mußte von familien nicht von höfen entrichtet w.
     Die Reichs vögte konnten bey den Todes Strafen nicht nach Willkühr
handeln, sondern wenn man an den Jahr- oder vogtgerichten jemand [440.]
eines schwehren verbrechens überwiesen war, mußte der Amann des
[AU 3]Abts daßelbe zuerst als halßbrechen anerkenen, u. den Schuldigen
us dem frid in unfrid erkennen, sin Leib dem gericht u. Clegeren
erloben, u. seinen freunden verbiethen, hernach den Gerichtsstaab
in die hand des Reichs vogt geben, welcher dann mit demselben
das Todes urtheil fälte“ Eben diese formalitäten hatten an
einigen orten auch bey bestrafung blutender verwundung statt.
     Die Reichsvögte machtend die vorher seltenen Todes strafen häufiger
um dadurch ihr ansehen zu vermehren, die Sankt. Gallische Reichsvogtei
erstreckte sich zu keiner zeit über alle besitzungen des Stiftes, denn
das Sonderamt u. die Stadt Will stuhnden nie unter vögten, sondern [440.]
immer unmittelbar unter der gerichtsbarkeit des Abtes.
     Die Kayser verpfändeten u. zerstückelten diese Reichs vogtey, sie schlug [441.]
die vogtey von Altstetten, Bernang, Marbach u. Thal zu Jener der
Stadt Rheinegg, welche die grafen von Werdenberg inne hatten,
u. sönderten so diese höfe in Rücksicht der vogtey von dem Appen-
zellerland, u. der alten Landschaft ab, mit denen selbe bis dahin
ein ganzes außgemacht haben. Ao. 950 bis 971 war Wito Schirmvogt in St. Gallen. [310.]
     Man fieng um diese Zeit die vogtey in die hohe u. nidere abzu- [442.]
theilen an; die hohe war die gemeldte Reichs vogtey, welche die
huldigung, das Mannschaftsrecht, das blut gericht u. die Steuer begrief.
     Die nidere welche den Edelleuten von altem her zustand,
erstreckte sich über Diebe u. Frevel. Es gab vogteyen über einzele
höfe; man fieng auch das Collaturrecht eine vogtei zu nennen
an. Die weltliche gerichtsbarkeit erlangte das Kloster St. Gallen so [47.]
mit dem ersten besiz der Ligenden güter u. Leibeigenen u. eben
so alt ist das amt ihrer Schuz- und Schirmvögte.


  1. pag. 164 arx.
  2. 1273 war Schirmvogt Rudolf von Habsburg welchem st.gall. u. das Land huldigen muß. Er wurde hernach Kayser, arx 403, bestättigte den Schweizern ihre freyheiten, hernach änderte er seine gesinnungen, aber der Tod machte 1291 seinen großen plänen ein ende, sein Sohn Albert suchte solche durchzusezen u. den 3 länder seine unmitelbare Regierung aufzudringen # wurde aber von seines bruders Sohn ermordet, dieser vorfall gab den 3 Länder muße beßer an die verthätigung ihrer freyheiten zudenken. Sein nach Trohnfolger Heinrich VII. bestätige ihre freyheit und verbindung, deßgleichen hernach auch Ludwig V. hieß ihren Bund und freyheit gut.
  3. Schwere verbrechen mordthat nothzucht u. heimsuch (überfall in seinem haus) nachtschach, nächtlicher diebstal. arx 308