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Absterben des Herr Pfarrer Schlang.
[Ao. 1791] Eingrif in das Colatur Recht, das man eß nicht nur dem Hr. Pfarrer, sondern
auch dem Hr. vicare Meyer hat fühlen laßen, der doch ganz unschuldig war.
So das einige mißvernügten gemüther bey der Tuben auf Vögelisegg sich auf
die Wienacht heillige Zeit erlaubt haben, den Hr. Pfarrer anzusagen das
er entweders selbst Predigen oder abdancken solle, Raths Hr. Conrad Tobler, SHww. [?]
gab einem seiner Saufkammeraten ein halben Federenthaller zum Lohn, und
der Musikant Jb. Koller, hatte die Verwegenheit solches außzurichten zum
Mißfallen aller rechtschaffner Menschen, und seinen mit Räthen.*)
Hr. Pfarrer folgte und strengte sich an in seiner größten schwachheit,
nach eine Predig zuthun, und theilte das heill. Abendmahl im Seßel sizend
das leste Mahl auß, u. war auch seine leste Predig, ohne etwas mercken
zulaßen oder zu Rügen, das aber diese begegnis ihme nicht viel ver-
druß u. herzenleid verursachet, kann man sich vorstellen, u. dardurch
ist die gemeind in üblen ruf u. mißkredit kommen, das man eß
bey der vacanten Pfrund hernach genugsam erfahren müßen, und
[AU 1]die Kranckheit umständ verschlimerten sich von dieser zeit an, grose ge-
schwulst u. Waßersucht machten seine krancken Tag sehr beschwärlich, so
das er viele Zeit Tag u. Nacht im Seßel sitzend zubringen mußte. Weil
[Ao. 1792] im May, etwas hofnung zur beßerung sich gezeigt so wurde ihme nach die
Ehre beweißen das er zum Cammeraris gesezt worden. Aber diese bes-
erung war von keiner Daur, und eß gefalte dem Herren des Weinbergs
dißen Treuen arbeiter & Knecht Gottes, in ein beseres Leben zuberufen das er
[ Ao. 1792 d 16 Julj] seel. verstorben, in einem alter 61 Jahr 34 wochen, und 34 Jahr lang
ein Treueifriger Seelsorger in unßerer gemeind geweßen, ohne alle
Menschen Forcht, daher er aber auch nach einige gegner bekommen wie oben
angemerckt habe, wegen gewüßem pxxx Fall. Thränen waren seine stillen Lobreden.
Hr. vicare Meyer, versah die pfrund 40 Wochen hier, und gefalte den
gemeinen Leuten wohl, weil man aber vorauß sehen konnte das es zwey starcke
Partheyen gab, so wurde alles angewandt das die Gemeind einig bleib,
und sind einige privat Männer angestelt worden, auß zuforschen was die
Leut gesinet seyen. Die Cantzel auf zustellen, oder einen herren ab einer
Pfrund zu nehmen, worzu sich herr Pfarrer Staub, von Walzenhaußen schon
Recommandiert hatte, darüber kammen 217 Stimmen zum canzel aufstellen,
und 112 zur Wahl schreiten, und eß hette entweders H. vicare Meyer, oder den
Hr Pfar Canditat Bäntziger troffen, darüber wurden 8 vorgesezten nach
abgeordnet einen neuen umgang zuhalten, und den Leuten vorzustellen das
Canzel aufstellen nur Partheyen gebe, und wurde auf Hr. Pfarrer in der Grub
*)Der Schwanen wirth heurathete die Fr. Pfr. Schlange u. mußte
durch eine unfriedliche Ehe büßen, bis sie geschieden worden.
- ↑ er war sonst der größte Hr. über 200 lb.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-144_Seite_143.jpg&oldid=- (Version vom 22.7.2024)