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Vom Heurathen und hochzeiten der großen oder Reichen
wie auch der Leibeignen, unter den Aebten.
Ekart der IV. Tadlet eß an den großen seiner Zeit, das sie mit hindansezung der [AU 1]
Deutschen Töchtern, sich Frauen auß Jtalien oder gar auß Griechenland
holten. *)
gegen die Leibeignen aber treibten die Welt- und Geistlichen herrn [AU 2]
die Tyraney so weit, das sie sich das Recht anmaßeten vor der hoch-
zeit Nacht bey jeder neu Verlobten zuschlafen. Dahero sey das gesez
im Canton Zürich entstanden 5 Schilling daarvor zubezahlen.
die Gesezgeber erwahrteten das ein Bräutigam lieber 5 Schilling zahlen
werde, aber das war damahlen eine Summa die nicht leicht aufzubringen
ware „*) die Adelichen liebten die Viel Weiberey zu fortpflantzung ihres [alR hohen stands]
[AU 3] Füeßlin schreibt, Eines der härtesten stücken der Leib Eigenschaft war
das Leibeigene Leute nicht Heurathen konnten wann und wo sie wollten,
sie mußten zuerst den herren fragen und Erlaubnis von ihme haben.
Die Gottshaußleute waren an 7 Gotthäußer gebunden. An St. Regula
G.haus, St. Friedlins Gottshaus, an das von Schänis, von Pfäfers, der
Reichenau, und ohnverlenth Leut von St. Gallen.
Die angehörige dieser 7 Stifte waren genossamme, dörften zusammen
ziehen, zusammen heurathen und Erben, wann etwas zu Erben war.
Die Aebte von St. Gallen waren sehr streng über diesem Artickel, die
Appenzeller solten die Freyheit zum heurathen auch erkaufen, das war
Leuten die jetzt der Freyheit je länger je mehr entgegen sahen, unerträg-
lich. Die St. Galler waren ehmals Gottshausleute gewesen wie die
Appenzeller. Da im Jahr 1379 sich ein St. Galler eine Appenzellerin
zu seiner Gattin erwählt, sperte der Abt diese heurath, und drohte der
braut mittel einzuziehen wenn die hochzeit seinen fortgang hätte.
Das wolten die Appenzeller nicht leiden, sie meinten sie stuhnden nicht
mehr unter einem so hartem Joch der Knechtschaft, das man sie auf diese
Weiße binden sollte. Die St. Galler versäumten auch nichts, die Appen-
zeller aufzuwieglen, und das gab auch eine haupt ursach zur empörung
im Appenzellerland. *) alte Sprüchwörter. Wer nicht will seyn betrogen, [AU 4]
der Kauf seines nachbars Rind, und Freye deines nachbars Kind.
Heurathe über den Mist, so weißt du wer sie ist. Gegen auswertige heurah-
ten war man in der Schweiz sehr eingenommen. Die alten wolten lieber eine Person
haben, die sich schon an die Landes art gewöhnt hat, als sich erst daran gewöhnen soll.
Des nahen das Sprüchwort entstanden, der Pfenig gilt am besten wo er geschlagen ist.
- ↑ arx 249.
- ↑ B.C.
- ↑ Sie beschränckten die Heurathslustigen in der Wahl der braut oder des bräutigams, blos auf genoßene (Leibeigne) die ungenoßne heurathen mit beraubung ihrer Lehen güter u. Erbschaften bis an auf den dritentheil u. geldstrafen. arx 166 -167.
- ↑ B.C. 516
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-287_Seite_284.jpg&oldid=- (Version vom 22.7.2024)