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Von Hochzeiten und Hochzeitmähler, und alten gebräuchen.
[AU 1] Der Ehestand ist die Basis aller Wohlfart des ganzen menschlichen Geschlächtes.
Die Ehlichen Verbindungen und das Hochzeit machen, wurde in ältern
[AU 2] Zeiten mit mehr Vorbedacht beschloßen, ein reifliches alter war darzu in
den Ehesazungen bestimt, der Knab mußte 20 und die Tochter wenigstes 18
Jahr alt seyn § und zum haußhablichen weßen tüchtig ehe sie heurathen dörften, u.
bis einer eine heymath oder beruf hate, das er Weib und Kiner zuerhalten
wußte, wagten eß die wenigsten, dahero auch die Vermehrung der Einwohner
klein geweßen, so bald aber Gewinn u. gewerb im Land entstanden und
guten Verdienst, nahm auch dardurch das heurathen u. hiemit auch die starke
Vermehrung des Volks zu, so das Ao. 1667 im ganzen Land V.R. nach
nur 19826 Seelen gewesen, und bis Ao. 1794 um die helfte vermehret
[AU 3] das 39414 Selen gezehlt wurden, die Vermehrung hinter der Sitern war weit
stärcker alß vor der Sittern nach, mehr als um die helfte, in 60 Jahren.
Das bedencklichste darbey ist, das viele arme u. Liederliche Leut in guten
Zeiten heurathen und dann in schlachten Zeiten ihre Kinder müßen darben u. mangel
leiden laßen, das solche unschuldige geschöpf nicht selten opfer des Todes werden
oder den armen secklen [Armensäckel] zur last fallen, oder sich dem betel ergeben.
Auch das allzu frühe Heurathen entkräftet den Leib das nicht mehr so viel
männliche stärke und dauerhaftigkeit ist als bey den alten Appenzeller.
Von Hochzeit mähler. Also bald nach der Landtheillung ist Gesezt worden
[Ao. 1607] in das Land Mandat, das die hochzeit mähler nicht höher dan um 4 bazen,
und die mähly um 3 bazen verdinget werden mögen. Und hernach Erkent:
das die hochzeiten sollen vorhero verkündt, und ehe u. bevor die verkündung beschiehet
soll jedes in seiner Rood vor dem Predigkanten erscheinen, u. sich im gebät und
Fürnehmsten haubtstücken wahrer Christl. Religion unterrichten & Examminieren lasen.
An denen hochzeiten nicht mehr als 100 Personen haben, u. die gemeinen
mähler nicht höher dann 4 bazen rufen, u. auf die maß Wein nicht mehr dan 1 xr
schlagen, deßwegen die Wirth anloben müßen. An einer hochzeit schencky aber
war auch ein offentlich Ehrlicher umzug erlaubt, auch mit Trommen [ Trommeln] u. pfeiffen.
Die morgen Supen bey hochzeiten sollen bey gebührender Straf verbotten seyn,
außßert es wäre ein hochzeiter auß einer frömden Kirchhöry, oder die braut u. gast.
[Ao. 1664] Erkent: und dem L.Mandat einverleibt, das man an die hochzeiten niemand zwing.
Am hochzeit nachmittag und abends niemand in des hochzitters haus laufen mögen.
[Ao. 1683] Mandat, das hochzeit Gäst nicht mehr als 80 Personen erlaubt seyn, welcher
mehr halt von Jeder Person 4 xr. in armen seckel zahlen, desgleichen auch nicht
mehr dan 8 paar vorgänger u. Ehrbar Frauen haben, oder auch 4 xr von der
Person in armen seckel geben. 1737 Erlaubt worden so viel einer Gäst bekomme.
[Ao. 1723] die hochzeiten am Sontag verboten worden, so 1607 erlaubt worden.
- ↑ Hochzeiten in den alten Zeiten sind hier pag. 24 176 zulesen.
- ↑ § vor altem die Tochter 20 Jahr u. die Söhne niemal vor 30 Jahr heurathen. Heurathgut, ein ochs ein zümtes Pferdt nebst einem Schilde, Spieß, u. Schwert. schon unten!]
- ↑ von Ao. 1734 bis 1794 hinter d. Sitern vermehrt [?]3592 Selen, u. vor der Sitern [?]251 Selen.
Johann Bartholome Rechsteiner: Beschreibung der Gemeinde Speicher. , 1810, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KB_AR_Rechsteiner_Chronik_Ms401-289_Seite_286.jpg&oldid=- (Version vom 22.7.2024)