Seite:Kaethe (Kleist) 091.jpg

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Bewegung nicht, die euch ergriff, veräußern.
Nehmt meines Sohnes Vorschlag an und laßt
In Wetzlar die Papiere untersuchen;
Versichert euch, ihr werdet werth uns bleiben,
Man mag auch dort entscheiden, wie man wolle.

KUNIGUNDE (mit Affect).

Nun denn, der Anspruch war mein Eigenthum!
Ich brauche keinen Vetter zu befragen,
Und meinem Sohn vererb’ ich einst mein Herz!
Die Herrn in Wetzlar mag ich nicht bemühn:
Hier diese rasche Brust entscheidet so!
(sie zerreißt die Papiere und läßt sie fallen).

GRÄFIN.

Mein liebes, junges, unbesonnes Kind,
Was habt ihr da gethan? – Kommt her,
Weil’s doch geschehen ist, daß ich euch küsse.
(sie umarmt sie).

KUNIGUNDE.

Ich will daß dem Gefühl, das mir entflammt,
Im Busen ist, nichts fürder widerspreche!
Ich will, die Scheidewand soll niedersinken,
Die zwischen mir und meinem Retter steht!
Ich will mein ganzes Leben ungestört,
Durchathmen, ihn zu preisen, ihn zu lieben.

GRÄFIN (gerührt).

Gut, gut, mein Töchterchen. Es ist schon gut,
Ihr seid zu sehr erschüttert.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe, ein großes historisches Ritterschauspiel. Berlin: Realschulbuchhandlung, 1810, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kaethe_(Kleist)_091.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)