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Wem wohl sollte sie gehören,
Welchem ehrberaubten Manne?“
     Sprach der muntre Lemminkäinen
Selber Worte solcher Weise:
„Quäle dich nicht ob der Stube,
Seufze nicht ob dieser Stätte,
Werde andre Stuben bauen,

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Werde bessere dir zimmern

Aus bei weitem schönern Balken,
Aus den allerbesten Sparren.“
     So gelangte Lemminkäinen
Grade nach der lieben Heimath
An die Seite seiner Mutter,
In die Nähe dieser Alten.
     Solche Worte sprach die Mutter,
Ließ auf diese Art sich hören:
„Lange bist du fortgeblieben,

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Lange, Sohn, in fremden Ländern.“

     Sprach der muntre Lemminkäinen
Selber Worte dieser Weise:
„Haben doch die Weiber müssen
Und die keuschen Jungfern zahlen
Für den Spott, für das Gelächter,
Daß sie über mich gekichert,
Nahm die beste in den Schlitten,
Setzte sie auf meine Decke,
Setzt’ zurecht sie auf dem Boden,

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Schwang sie unter’s Fell behende,

So vergalt ich das Gelächter,
So der Mädchen lang’ Gespötte.“
     „Mutter, die du mich getragen,
Theure, die mich auferzogen,
Hab’ erlanget, was ich wollte,
Hab’ erreicht das Angestrebte,
Breite aus die besten Pfühle,
Für den Kopf die weichsten Kissen,
Daß im eignen Land ich schlafe

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An der jungen Jungfrau Seite.“

     Sprach die Mutter diese Worte,
Ließ sich selber also hören:
„Gott sei nun dafür gelobet,
Hochgepriesen sei, o Schöpfer,
Gabst mir eine Schwiegertochter,
Welche gut das Feuer schüret,
Trefflich am Gewebe wirket,
Kunstvoll ihre Spindel drehet,
Ausgezeichnet ist im Waschen,

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In dem Walken der Gewänder!“

     „Preise selber du dein Schicksal,
Hast es gut getroffen, Beste,
Gut gefüget hat’s der Schöpfer,
Er, der liebevolle Vater;
Rein ist auf dem Schnee die Ammer,
Reiner auf dem Gatten, Theure,
Weiß der Schaum zwar auf dem Meere,
Weißer auf dem Ehemanne,
Schlank im Meere wohl die Ente,

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Schlanker noch an deinem Schützer,

Glänzend ist der Stern am Himmel,
Glänzender an deinem Manne.“
     „Weiter mache nun den Boden,
Größer baue du die Fenster,
Zimmre fertig neue Wände,
Baue um die ganze Stube,
Vor der Stube auch die Schwelle,
An der Schwelle neue Thüren,
Da du diese Maid gewonnen,

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Da die Schöne du erlesen,

Sie, die Jungfrau bessrer Abkunft,
Die aus größrem Stamm geboren.“

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_058.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)