Bettlergleich erhob ich früh mich,
Hatte, Ärmste, keine Ehre,
Keine Milde dort gefunden,
Hätt’ ich Berge auch gerollet,
Felsen ich zur Hälft’ gespalten.“
„Stampfte grobes Mehl gar mühsam,
Daß die Schwiegermutter äße,
Mit der Feuerkehle schluckte
An der Tischesfläche Ecke
Aus der goldgeschmückten Schale;
Selbst aß ich, die Schwiegertochter,
Mehl vom Steine zur Genüge,
An dem Tisch beim Ofenherde
Mit der Kelle es genießend.“
„Oftmals brachte ich, die Zarte,
Frisches Moos vom sumpf’gen Boden,
Backte es zu meinem Brote,
Brachte Wasser aus dem Brunnen,
Schlürft’ es aus dem Schöpfgefäße,
Aß die Fische, Unglücksvolle,
Und verzehrte so die Stinten,
Wie ich mich zum Netze beugte,
In des Bootes Mitte schwankte,
Konnte Fische nicht erhalten
Wär’s an einem Tag geschehen,
An dem andern vorgefallen.
„Sommers sammelt’ ich die Halme,
Dreht’ im Winter Gerstenstiele,
So wie sonst ein Tagelöhner,
Wie ein Knecht, der sich verdungen,
Ward im Haus’ der Schwiegermutter
Immerfort daselbst gegeben
Mir der allerlängste Flegel,
Mir am Strand das stärkste Klopfholz,
Mir die größte Düngergabel,
Niemals ward an mein Ermatten,
Nicht geglaubt an meine Schwäche,
Helden selber ja ermatten,
Kräft’ge Füllen sinken nieder.“
„Also that ich, armes Mädchen,
Stets zu rechter Zeit die Arbeit,
Dreht’ mich in dem Schweiß der Glieder;
Mußte wieder Feuer bringen,
Dahin meine Hände wenden.“
„Ward nach Herzenslust getadelt,
Ward bewegt die Lästerzunge
Über meine guten Sitten,
Über meinen guten Namen,
Wörter regneten hernieder,
Stürzten über mich, die Arme,
Wie die wilden Feuerfunken,
„Hab’ darum noch nicht verzweifelt,
Hätte ferner noch gelebet,
Um der alten Frau zu helfen,
Bei der Feuerkehl’ gelebet,
Aber das verdarb die Laune,
Das erweckte großen Kummer,
Als der Gatt’ zum Wolf verwandelt,
Er zum Bären umgestaltet
Liegend aß und rücklings ruhte,
„Dann erst habe ich geweinet,
In der Kammer überleget,
Dachte an die frühern Tage,
An des Lebens schönre Zeiten
Auf des Vaters großem Hofe,
In der Mutter schönem Hause.“
„Fing dann also an zu reden,
Selber sprach ich solche Worte:
„„Wohl verstand die liebe Mutter
Wußt’ die Pflanze zu erziehen,
Nicht jedoch sie einzusetzen;
Setzte ja die zarte Pflanze
In gar unbeliebte Sitze,
In gar schlimmbestellten Boden,
An der Birke harte Wurzeln,
Daß sie stets im Leben weine,
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)