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Mit den stahlbeschlagnen Pfeilen,

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Mit den wilden Eisenschloßen!“

     Also redet Lemminkäinen,
Nicht beachtet es die Schlange,
Zischet stets mit ihrer Zunge
Lässet sie nach oben rauschen,
Stürzet mit dem bösen Rachen
Auf den Kopf von Lemminkäinen.
     Da nun wußte Lemminkäinen
Worte, die von hohem Alter,
Die gehört er von der Alten,

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Von der Mutter er gelernet;

Sprach der muntre Lemminkäinen,
Er, der schöne Kaukomieli:
„Wenn du dieses nicht beachtest,
Wenn du gar nicht von hier weichest,
Wirst durch eignen Schmerz du schwellen,
Aufgebläht in eigner Drangsal,
Wirst, o Böse, du zerbersten,
Schlechte, du in drei der Stücke,
Wenn ich deine Mutter suche,

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Wenn ich deine Alte finde;

Kenne, Runde, deinen Ursprung,
Weiß, wie, Scheusal, du entstanden,
Syöjätär ist deine Mutter,
Dieses Scheusal deine Alte.“
     „Syöjätär, sie spie in’s Wasser,
Ließ den Speichel in die Wogen,
Dieser ward gewiegt vom Winde,
Von dem Wasserzug geschaukelt,
Dort geschaukelt sechs der Jahre,

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Ganze sieben Sommer dorten

Auf dem klaren Meeresrücken,
Auf den hochgethürmten Wogen,
Länglich zog ihn dort das Wasser,
Sonnenschein verlieh ihm Weichheit,
An das Land trug ihn die Brandung,
Zu dem Strande ihn die Fluthen.“
     „Kamen drei der Schöpfungstöchter
Zu dem Strand des wilden Meeres,
Zu dem Rand des lauten Meeres,

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Sahen dort den Speichel liegen,

Sprachen Worte solcher Weise:
„Was wohl sollte daraus werden,
Wenn der Schöpfer es beseelte,
Augen ihm verleihen würde.“
     „Diese Rede hört der Schöpfer,
Redet selber diese Worte:
„„Schlechtes kommet nur vom Schlechten,
Böses von der Schlechten Auswurf,
Wenn ich ihn beseelen würde,

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Augen ihm dazu verliehe.““

     „Diese Worte hörte Hiisi,
Der zu schlechter That bereite,
Machte selber sich zum Schöpfer,
Giebt dem Speichel eine Seele,
Diesem Geifer einer Garst’gen,
Den Syöjätär ausgeworfen;
Daraus wurde eine Schlange,
Wurde eine schwarze Natter.“
     „Woher ward zu Theil ihr Leben?

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Aus dem Kohlenhaufen Hiisi’s;

Woraus ward das Herz geschaffen?
Aus dem Herz der Syöjätär;
Woher kam das Hirn der Schlechten?
Aus dem Schaum des heft’gen Stromes;
Wie Bewußtsein diesem Scheusal?
Aus dem Gischt des Wasserfalles;
Woher kam der Kopf der Schlimmen?
Aus dem Samen einer Bohne.“
     „Woher kamen denn die Augen?

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Aus des Lempoflachses Samen;

Woher denn des Scheusals Ohren?
Aus dem Laub der Lempobirke;
Woraus ward der Mund geschaffen?
Aus der Spange von Syöjätär;
Woraus ward der Schlechten Zunge?
Aus dem Speere Keitolainen’s;
Woraus denn der Argen Zähne?
Aus der Tuonigerste Acheln;
Woraus denn der Garst’gen Zahnfleisch?

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Aus der Kalewtochter Zahnfleisch.

     „Woraus ist gebaut der Rücken?
Aus des Hiisi Kohlenpfosten;

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)