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     Sprach die Mutter Lemminkäinen’s

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Selber Worte dieser Weise:

„Werd’ dir eine gute Stelle,
Eine gar gelegne nennen,
Wo du dich verbergen könntest,
Wo dem Unglück du entfliehen:
Kenn’ ein Land geringer Strecke,
Eine Stelle kleinen Umfangs,
Ungefressen, ungeschlagen,
Von dem Schwert nicht heimgesuchet;
Schwöre du nur kräft’ge Eide

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Und versichre es mit Nachdruck,

Daß im Lauf von sechzig Sommern
Du in keinen Kampf wirst ziehen,
Hättest du auch Lust nach Silber,
Nach dem Golde du Verlangen.“
     Sprach der muntre Lemminkäinen:
„Schwöre dir mit kräft’gem Eide,
Daß ich nicht im ersten Sommer,
Schwöre, daß ich nicht im zweiten
Zu dem großen Kampfe ziehe,

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Zu dem Tummelplatz der Schwerter;

Hab’ noch Wunden an der Schulter,
Auf der Brust noch tiefe Löcher
Von den frühern Kampfesfreuden,
Von den letzten Schlägereien
Auf den großen Streitgefilden,
Auf dem Tummelplatz der Männer.“
     Sprach die Mutter Lemminkäinen’s
Selber Worte solcher Weise:
„Nimm du nun das Boot des Vaters,

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Gehe nun, um dich zu bergen,

Fahre über neun der Meere
Und die Hälfte noch des zehnten
Zu der Insel auf dem Meere,
Zu der Klippe in dem Wasser;
Früher hat daselbst dein Vater
Sich verborgen und verstecket
Einst zur Zeit des Kriegessommers,
In dem harten Kampfesjahre,
War gar gut daselbst zu weilen,

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Schön die Zeit dort zuzubringen;

Birg dich ein Jahr und das zweite,
Komm nach Hause in dem dritten
Zu des Vaters lieben Stuben,
Zu des Alten Stapelplatze!“

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)