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Zweiundvierzigste Rune.


     Wäinämöinen alt und wahrhaft,
Mit ihm Schmieder Ilmarinen,
Drittens auch der Sohn von Lempi,
Dieser schöne Kaukomieli,
Zogen auf des Meeres Fläche,
Auf den weitgedehnten Fluthen
Nach dem Dorfe voller Kälte,
Nach dem nimmerhellen Nordland,
Nach dem Ort, der Männer tilget,

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Der in’s Meer die Helden senket.

     Wer wohl führte dort das Ruder?
Einer war Schmied Ilmarinen,
Dieser ruderte im Boote
Mit dem vorderen der Ruder,
Lemminkäinen war der zweite
Mit dem hinteren der Ruder.
     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Setzet sich zum Steuerruder,
Lenkt den Nachen durch die Fluthen,

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Lenkt ihn durch des Meeres Wogen,

Durch den heft’gen Schaum der Wellen,
Durch die schaumbedeckten Fluthen
Zu dem Stapelplatz Pohjola’s,
Zu den schon bekannten Walzen.
     Als sie nun dahin gekommen,
Als die Reise sie beendet,
Ziehen sie an’s Land den Nachen,
Heben den mit Theer bestrichnen
Auf die stahlbeschlagnen Walzen,

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Auf die kupferreichen Rollen.

Traten darauf in die Stube,
Drangen eilends in das Innre;
Also fragt des Nordlands Wirthin,
Forschte so von den Gekommnen:
„Welche Rede bringt ihr, Männer,
Welche neue Kunde, Helden?“
     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Gab ihr darauf diese Antwort:
„Männer reden von dem Sampo,

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Sprechen von dem bunten Deckel;

Kamen zur Vertheilung Sampo’s,
Zu der Schau des bunten Deckels.“
     Selbst die Wirthin von Pohjola
Redet Worte solcher Weise:
„Nicht vertheilet man ein Feldhuhn,
Unter drei niemals ein Eichhorn;
Gut zu brausen ist’s dem Sampo,
Seinem Deckel gut zu rauschen
In dem Steinberg von Pohjola,

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In des Kupferberges Innerm,

Selbst erfreu’ ich mich des Wohlseins
Als Beherrscherin des Sampo.“
     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Redet Worte solcher Weise:
„Wenn du nicht die Theilung zugiebst,
Daß wir eine Hälfte nehmen,
Werden wir den ganzen Sampo
Mit Gewalt zum Boote tragen.“
     Louhi, sie, des Nordlands Wirthin,

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Wurde drauf gewaltig böse,

Rief herbei das Volk Pohjola’s,
Junge Männer sammt den Schwertern,
Helden mit den scharfen Waffen
Zum Verderben Wäinämöinen’s.
     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Schreitet hin zu seiner Harfe,
Setzet selbst sich hin zum Spielen,
Fing nun an gar schön zu spielen,
Daß die Leute alle lauschten,

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Daß sie ob der Töne staunten,

Frohen Sinnes alle Männer,
Lachend mit dem Mund die Weiber,
Nassen Auges alle Helden,
Knieend auf der Erd’ die Knaben.
     Bringt die Leute zur Ermattung,
Daß sie müde niedersinken,
Daß die Lauscher alle schlummern,
Alle Stauner niederfallen,
Schlafen Alte, schlafen Junge

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Bei dem Spiele Wäinämöinen’s.
Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_244.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)