Alle Krallen sonst zerbrachen,
Von den Flügeln fielen Knaben,
Männer stürzten in die Fluthen,
Hundert Männer von den Flügeln,
Tausend Helden von dem Schweife;
Selber rauscht der Adler hastig,
Fällt er auf des Bootes Rippen,
Wie vom Baum die Auerhenne,
Von dem Fichtenzweig das Eichhorn,
Greifet darauf nach dem Sampo
Zieht den Sampo in das Wasser,
Läßt den bunten Deckel sinken
Von des rothen Bootes Kanten
In des blauen Meeres Tiefe;
Dort zerbricht entzwei der Sampo,
Geht in Stücke ganz der Deckel.
Sinken darauf diese Stücke,
Große Splitter von dem Sampo
In der stillen Fluthen Tiefe
Bilden dort des Wassers Reichthum,
Dort des Ahtovolkes Schätze;
Nimmer wird’s im Lauf der Zeiten,
Nicht, so lang das Mondlicht glänzet,
In dem Wasser je an Reichthum,
Ahto nicht an Schätzen fehlen.
Blieben andre Stücke liegen,
Splitter, die bedeutend kleiner,
Auf des blauen Meeres Rücken,
Daß der Wind sie fleißig wieget,
Daß die Fluth sie emsig schaukelt.
Wiegte nun der Wind dieselben,
Schaukelt’ sie des Meeres Schwanken
Auf des Wassers blauem Rücken,
Auf des Wassers weiten Fluthen,
Treibt der Wind sie hin zum Ufer,
Zu dem Lande hin die Fluthen.
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Sieht das Treiben zu dem Ufer,
Sieht wie zu dem Strand die Fluthen
Diese Sampotrümmer führen
Und des bunten Deckels Splitter.
Hatte darob große Freude,
Redet Worte solcher Weise:
„Daher kommt des Samens Sprießen,
Wechselloser Wohlfahrt Anfang,
Daraus Pflügen, daraus Säen,
Daraus kommt der Glanz des Mondes,
Kommt der Sonne Licht voll Wonne
Auf den weiten Fluren Finnlands,
In Suomi’s Heimathsstrecken.“
Sprach des Nordlands Wirthin Louhi
Selber Worte solcher Weise:
„Kenne wohl noch einen Ausweg,
Einen Ausweg, kenn’ ein Mittel
Gegen Pflügen, gegen Säen,
Gegen deinen lieben Mondschein,
Gegen deinen Glanz der Sonne.
Bring’ den Mond in einen Felsen,
Berg’ die Sonn’ in einem Berge,
Lasse durch den Frost erfrieren,
Durch die Kälte ganz erstarren
Was du pflügest, was du säest,
Deinen Vorrath, deine Saaten,
Sende einen Eisenhagel,
Dir auf deine schönsten Äcker,
Hin zu deinen besten Feldern.“
„Treib’ den Bären von der Heide,
Aus dem Dickicht diesen Dickzahn,
Daß die Hengste er zerfleische,
Deine Stuten er zerreiße,
Deine Heerde niederstrecke,
Deine Kühe mög’ verderben;
Werde dir das Volk durch Seuchen,
Daß man nicht, so lang der Mond scheint,
Auf der Welt von ihm vernehme.“
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_254.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)