Lege ab des Kopfs Bekleidung,
Laß dein Beißen jetzo fahren,
Lege ab die wen’gen Zähne,
Schließe deine Backenknochen!
Werde du nur nimmer böse,
Wenn wir also handeln müssen,
Daß dir Bein und Kopf erkrachen,
Deine Zähne heftig knirschen.“
„Jetzo nehm’ ich Otso’s Nüstern
Nehm’ nicht Alles sammt und sonders,
Nehme auch nicht dieß alleine.“
„Jetzo nehm’ ich Otso’s Ohren
Zu der frühern Ohren Hülfe;
Nehm’ nicht Alles sammt und sonders,
Nehme auch nicht dieß alleine.“
„Jetzo nehm’ ich Otso’s Augen
Zu der frühern Augen Hülfe;
Nehm’ nicht Alles sammt und sonders,
„Nehme jetzt des Otso Stirne
Zu der frühern Stirne Hülfe;
Nehm’ nicht Alles sammt und sonders,
Nehme auch nicht dieß alleine.“
„Nehme jetzo Otso’s Rachen
Zu des frühern Rachens Hülfe;
Nehm’ nicht Alles sammt und sonders,
Nehme auch nicht dieß alleine.“
„Nehme jetzo Otso’s Zunge
Nehm’ nicht Alles sammt und sonders,
Nehme auch nicht dieß alleine.“
„Würde einen Mann den nennen,
Würd’ als Helden den betrachten,
Der die Zähne zählen könnte,
Der der Zähne Reihen löset
Aus der stahlesharten Kiefer
Mit den eisenfesten Fäusten.“
Da kein anderer sich zeigte,
Zählt er selber drauf die Zähne,
Löst er ab der Zähne Reihen,
Mit dem Knie gestützt am Bären,
Mit den eisenfesten Fäusten.
Nahm die Zähne fort dem Bären,
Redet’ Worte solcher Weise:
„Otso, du des Waldes Apfel,
Runder Ball du in dem Walde,
Mußt noch eine Strecke gehen,
Hier aus diesem kleinen Neste,
Aus der niedrigen Behausung
Zu dem hochgebauten Hause,
Zu der breiten Wohnungsstätte.“
„Gehe, Gold, nun um zu wandern,
Theurer Schatz, beginn’ zu schreiten
An der Säue Weg vorüber,
An dem Pfad der kleinen Ferkel
Zu dem waldungsreichen Hügel,
Zu den nadelreichen Föhren,
Zu den hundertäst’gen Tannen!
Ist gar gut für dich zu weilen,
Schön die Zeit dort zuzubringen,
Wo der Heerde Glocken tönen,
Wo die kleinen Glöcklein klingen.“
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Kam von dort nun nach dem Hause;
Reden so die jungen Leute,
„Wohin brachtest du die Beute,
Hast den Fang du hingetragen;
Hast ihn auf dem Eis gelassen,
In den Schnee du eingesenket,
In des Sumpfes Schlamm gestürzet,
Auf der Heide eingegraben?“
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Redet Worte dieser Weise:
„Hab’ auf Eis ihn nicht gelassen,
Hunde würden ihn dort rauben,
Dort die Vögel ihn beschmutzen;
Auch nicht in den Sumpf gestecket,
Auf der Heide eingegraben,
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_272.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)